Herr Graf!
Die so günstige Aufnahme meiner ungrischen Ode hat mich recht herzlich er freuen müssen. Mein patriotisch gesinnter Wunsch, und der einzige. Zweck meines ganzen poetischen Studiums strebte nach keiner anderen Be lohnung, als dass die zarten Kunstwerke meiner fröhlichen Musse bei den Män neren einer edleren Bildung gleiche fröhliche Musse verschaffen mögen. Jezt fühl ich aber noch mehr meine Freude erhöhet, indem mein liebes Werkchen von einem sachverständigen Künstler und Kunstrichter auf eine Weise verdeutscht wurde, die nicht weniger mir, als dem geistreichen Übersetzer eine grosse Ehre machen wird. (ich hab die Copie mit dem Original genau verglichen, und durch einige meiner Freunde vergleichen lassen, und wir haben alle so gefunden, dass die Übersetzung nicht nur treu, sondern auch äusserst glücklich ausgefallen ist.) Selbst die Versart so vortrefflich nach dem hohen Schwung des Gothe’schen Geistes gewählt, entspricht auf alle Weise dem Ideengang, so in dem Original dem antiken Geschmack mit der gesetzlosen Freyheit des Pindarischen Fluges zu vereinigen suchte. Die Gedanken, und die Gefühle sind ebenfalls kunstmässig und sehr sinnreich copiert. Auch die unterstrichenen Verse haben alle den gedachten Sinn richtig getroffen. Bloss eine Stelle findet sich am Ende der zweyten Antistrophe im Original, wo nach der Übersetzung die schöne Anspielung auf die jungfräulichen Priesterinnen Vesta’s mit der Idee Prometheus verschmolzen erscheint. Nur diese doppelte Allusion möchte eine Auseinandersetzung verdienen. Sonst ist auch dieser Mangel mehr der deutschen Sprache selbst als der Übersetzung zuzuschreiben. Übrigens find’ ich mich sehr glücklich, Herr Graf! wegen der erwiesenen, hochgeschätzten Gunst, die mir unser ver dienstvoller Freund, der Ehrwürdige Kazinczy zu verdienen geholfen, und ich strebe mich aufs Möglichste auch weiterhin dieselbe zu erhalten.
Wien den 2ten Febr. 1820.
ergebenster Diener
Ladislaus Tóth von Ungvárnémeth.