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Magyar írók levelezése
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Mailáth János – Kazinczy Ferencnek
Bécs, 1822. december 20.
Wien, am 20/12 XXII.

Ihr Brief vom 8/12 ist mir gestern abends als ein willkomner werther Bote erschienen, einmal schon weil er mir die Versicherung der Fortdauer ihrer freundlichen Gesinnungen brachte, dann aber vorzugsweise weil ich das Ende ihres langen und odiosen Streites mit den transdanubianern erfuhr. Es ist gut, es ist sehr nüzlich für die heimische Sprache gewesen dass dieser Streit gestritten wurde, aber es hat viel Kraft und Standhaftigkeit, viel Liebe für die Sache von ihrer Seite dazu gehört um diesen, gegen Sie mit unwürdigen Waffen gekämpften Kampf nicht aufzu geben, doch jetzt ist die Sache vorbei und ich bin froh dass nun nichts im Wege steht wodurch die gerechte Würdigung ihrer Verdienste um uns und unsre Literatur bereits durch die Mitwelt gehörig gewürdigt werde.
Für die Mühe, die sie sich mit dem Übersezen meines Sonettes „der Wag” gegeben bin ich ihnen recht sehr verpflichtet. Überse[t]zungen haben immer viel Schwierigkeiten wie viele erst eine aus dem Deutschen ins Ungrische. Die Deutsche ist unter allen lebenden Sprachen diejenige die zum poetischen Ausdru[c]k am meisten gebildet, zugleich im Wortausdru[c]k die reichste ist, wie wollen wir denn in*
denn <hinreichend geben> in
der unsern dasselbe hinreichend*
dasselbe hinreichend [A „selbe” utólag hozzáírva a „das”-hoz.]
geben? Ich verstehe hierunter grosse Gedichte, denn mein Sonett ist sehr schön übersezt, ich möchte sagen Zeile*
sagen <der War> Zeile
für Zeile, bis auf die lezten zwei, und liegt hier es wo[h]l in der Sprache selbst welche das „drum blute Herz verblute” nicht geben kan[n]. Dürfte der lezte Vers nicht so steh’n können:
Türj szív, hasadj, de titkold gyötrelmeit.
Antworten Sie mir hierüber ich bitte Sie, und auch warum ein nicht skandirtes ungrisches Sonett 12. Sylben haben muss statt 11. Ich sehe den Grund nicht ein.
„Des Armen Vaterhaus” ist von Kisfaludi übersezt, Ferdinand II. ich weis nicht von wem.
Da Sie sich meiner poetischen Sünden annehmen und sie nazionalisieren wollen bitte ich sie den*
sie <wen> den
„Herbst” in hexametern, eigentlich in eine elegische Form um zu giessen, er lässt sich in Reimen nicht geben.
Nun habe ich eine Bitte auf dem Herzen: Ich habe meine Gedichte selbst übersezt ins ungrische, wie ich denn überhaupt zur magyarischen Schriftstellerei übergehen will: „Grajo sermone Scribere parantem corripuit Musa”, ich finde aber dass ich der magyarischen Sprache bei weitem nicht so Herr bin wie der deutschen, ich kan[n] mich also nicht auf mich selbst verlassen. Darf ich ihnen meine Übersezungen zusenden und um ihre Zurechtweisung bitten? deuten Sie mir nur an, was fehlerhaft ist ich werde es schon herum zu drehen suchen, dass es ihren*
es <aus> ihren
Wünschen entspricht.
Meine Adresse ist: Kärtnerstrasse zum goldnen Greifen Nro 968. 1. Stock beim Hofagenten Niksche.
Die*
<Meine Üb> Die
Gedichte welche ich aus dem magyarischen ins Deutsche übersezt, will ich auch ungrisch heraus geben so bald sie deutsch erschienen sind man kan[n] die Übersezungen dann vergleichen. Was ich von ihnen übersezt, habe ich alles bis auf eins: Der Dachs und das Eichhörnchen. Ich bitte Sie recht sehr mir es zu schi[c]ken.
Über ihr tyroler epigramm habe ich herzlich gelacht, es ist sehr hübsch. Ihr Freund Mailáth.
Noch ein Wort: glükseliges neues Jahr.