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Mailáth János – Kazinczy Ferencnek
Bécs, 1821. július 23.
Wien, am 23ten Julius 821.

Zuerst muß ich Ihnen sagen, daß ich nicht krank bin, daß ich aber meiner Augenwegen die ich seit geraumer Zeit sehr anzustrengen gezwungen bin, fremdes Augen und fremde Hände brauche, wo es mir nur immer möglich, – da mein Herz Ihnen gegenüber immer dasselbe bleibt, wissen Sie ohnedieß.
Ihren Brief vom 11ten des vorigen Monats habe ich hier erhalten, indem Sie dieses lesen, ist Ihr Sallust bereits in Ihren Händen, es ist also überflüßig zu schreiben, daß ich ihn nicht durch die Gelegenheit schicken konnte, die Sie mir angezeigt, ich vertraute ihn meinem Neffen Joseph der vor ein paar Tagen abgereisst ist.
Dieselbe Frage, die ich Ihnen in Betreff der Akzente der ungarischen Sprache gestellt, beatwortete Döbrentey so: die quantitirende Prosodie schliesst die Akzentuirte aus, die Antwort ist scharfsinnig neu, wahr.
Was ich ungarisch schreibe sieht Döbrentey und nur was er genehmigt geht in die Welt. Szemere*
Sze<m>mere
frage ich weniger gern, weil seine an sich schöne Subjectivität ihm nicht gestättet, ein künstlerisches Erzeigniß, welches seinem Gemüth nicht zusagt, rein mit dem Verstand aufzufassen, es kommen ihm also Anstände, über die Darstellung die im Wiederspruch mit dem Geist sind, aus dem das ganze entstand; übrigens lieben wir beide uns sehr und ich glaube nicht, daß man die schöne Gemüthlichkeit,*
<Ge…h>lichkeit [A „Gemüth” a törölt rész fölé írva.]
besser Kindlichkeit, des Menschen und des Dichters mehr achten könne als ich thue, Klauzál ist bei der ungarischen Kanzeley angestellt, seine Erzählung im Taschenbuch ist der beste prosaische Aufsatz darin, die übrigen sagen mir weniger zu, die Sprache ist allerdings bei allen schön, aber was man eigentlich Poesie nennt, ist wenig, darin, dieß betrübt mich um so mehr, da*
da<ß>
sowohl Podmaniczky als der Verfasser der Lona jung sind, wo wird deren Erfindung herkommen wenn Sie jezt keine haben, Papp erzählt gut aber einige Geschma[c]klosig keiten wie z. B. daß die nach Brasilien reisende Erz Herzogin ein reicher Ersatz für die amerikanischen Erdäpfel ist haben mir den Aufsatz ganz verläudet, wie kann man so geschma[c]klos schreiben, sonst ist viel schönes darin.
Ihr Sallust ist vortrefflich eben darum vortrefflich weil ihn unseren je[t]zigen Gelehrten nicht werden zu würdigen wissen. Sie haben die Eigenthümlichkeit des Römers*
Rö<m>mers
unübertrefflich aufgefaßt, und wieder gegeben, wenn Sie Ihr Alter noch einmal durchleben, wird der Räuber ihrer Krone noch nicht gebohren seyn, ich bitte Sie inständig ihm*
[Helyesen: „ihn”.]
bald möglichst in die Welt zu schicken.
Meine Uibersetzungen sind schon in Stuttgart, bis wann sie gedruckt sind, weiß ich nicht.
Ich bleibe mehrere Monate hier Adressiren Sie also an mich: abzugeben in der Wiplinger Strasse Nro 387 im 3ten Stock beim Herrn von Schönstein. Ich wohne zwar nicht da, erhalte aber meine Briefe so am sichersten, leben Sie recht wohl, und lieben Sie mich, wie ich Sie liebe.
Johann Graf Mailáth