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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1820. november 11.
Széphalom den 11. Novemb. 1820.

Theurester geliebtester Freund!
Wie geht es Ihnen? Sie schrieben mir so lange nicht, so wie ich nicht Ihnen, daß diese Frage wirklich nicht zu einer leeren Formel gehört. Mir geht es recht sehr übel, und so wenig mein Geist sich durch widrige Vorfälle niederschlagen bisher ließ, so muß ich sagen, daß meine betrogene Hoffnungen bey unserer heurigen Lese mich schwermüthig gemacht haben. Ich rechnete darauf, daß mir meine 3 Weingärten 100 Faß geben werden, und daß ich so alle meine kleinen Schulden tilgen kann. In [!] October kam zuerst ein Frost, dann die Regengüsse, die Trauben fielen ab, und lagen unter ihren Stöcken als hätte man sie dorthin aufgeschüttet, sie platzten aus, und trockne Beeren, die den Ausbruch geben, sogen Regen ein. So erhielt ich statt 100 Fäßer 30, und die trockne [!] Beeren bekamen Schimmel, bey vielen sind sie schon zu Essig geworden. Ich habe wirklich nicht Muth diese trockne Beeren zu Tokayer Weine zu machen, weil ich besorge, daß mein ordin. Wein, welchen ich aufgießen würde, verloren geht. — Wie tilge ich meine Schulden, die mich sehr ängstigen? Dieses Jahr gab mir wenig Frucht, ja nichts gab es mir, als den 20. Octob. einen Sohn, der in der Taufe den Namen seines edlen mütterlichen Großvaters (Ludwig Török) erhielt. Ich bin also nun Vater von sieben lebenden Kindern, vier Söhnen, Emil, Antonin, Bálint und Lajos, und drey Töchtern, Eugénie, Thalie und Iphigénie. Und das älteste dieser Kinder hat noch nicht volle 13 Jahre, das jüngste erst 22 Tage, und ich trat den 27. Oct. in mein zwey und sechzigstes Jahr. — Wir leben Zeiten, theurester Freund, wo wir auf Geld sehen müssen, und wenn wir von Geiz und Habsucht geplagt nicht sind.
In meinen Processen rücke ich wenig fort. In dem Successioniren wider meinen Schwager wurde dieser gezwungen, eidlich zu reveliren, und dieser naht also seinem Ende. Aber wegen Sávoly werde ich den Process nicht abwenden können. Mein Schwager begnügt sich mir zu sagen, er habe seine Schritte bereits auch in unserem Namen gethan. Ich dankte ihm dafür, sagte aber, wir seyen nicht minorenn, und wir wollen wissen, was in uns[erem] Namen geschieht; worauf er die Gnade hatte zu zürnen. Wäre ich jünger, ich würde mir aus seinem Zürnen und Schweigen nichts machen. So macht mir aber das letztere viel Sorge. Die That ist niedrig, er selbst aber nur durch sich selbst und vielleicht seinen Fiscalen irre geleitet. Mich wird er also zum Frieden stets fertig finden. — Doch genug von häusslichen und oeconomischen Sachen.

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NB. Sehen Sie die [!] Couvert. −
Den 4ten Oct. trat bey mir Döbrentei und sein gewesener Zögling Graf Ludwig Gyulai (jetzt Vice Notär von dem Hunyader Com.) ein. Ich wieß meinem Döbrentei die Erdélyi Levelek; er las sie durch, machte Notaten, die mich zwangen mehr als die Hälfte der Blätter auszuschneiden und umzuarbeiten. Die erstere Hälfte des Exemplars schickte ich dan Graf Joh. Mailáth ab, der das Werk deutsch machen will. So hoffe ich endlich, daß es 1821 erscheinen wird. Ich bat Mailáth mich seine Übersetzung*
Übersetzung [Átírással javítva.]
sehen zu lassen, ehe das Werk deutsch*
Werk <([..?]> deutsch <)>
erscheint, und ich will Übersetzer meines Übersetzers seyn, denn nach so viel Umarbeitungen erkenne ich die letzte (neunte) nicht mehr für meine Arbeit. Unsere Ungarn vertragen keine Berührung. Ich soll sie gar nicht loben, weil das ihnen Feinde zuziehn würde; nicht einmal ein lobendes epithet soll ich ihnen geben, denn man könnte das epithet ihnen ironisch vorhalten, oder sie gar damit, wie mit einem Schimpfworte benennen etc. etc. Graf Ladislaus Teleki schrieb mir, lebende Personen zu loben oder zu tadeln sey kényes*
eine delicate Sache [Más kézzel, más tintával a szó fölé írva.]
dolog, — ich sagte nehmlich daß Jos. II. als er den Hofrath Vay József das erstemal sprach, kehrte sich zu die seinigen und sagte die merkw. Worte: Ich habe meine Länder bereiset, aber keinen Kopf wie diesen gefunden. Ich machte Sprünge, um zu sehn, ob er mir sagen kann, hány profont [!] süthet eggy véka lisztből, und er antwortete mir darauf mit der Fertigkeit, mit welcher er mir zu sagen wusste, was die Population des Landes ist. — Sagen Sie mir, soll ich ähnliche Dinge nicht sagen, weil Vay fürchten kann, man wurde ihn den Titel legjobb fő az országban, ironisch vorhalten? Ich glaube, man sollte die Vortheile des Lesers und der Nachwelt wägen, nicht das Interesse von diesem oder jenem.
Die Umänderungen des Mailáth sollen mir gewiß willkommen seyn. Ich kenne seinen Geschmack, und da mich so viele Rathgeber verwirrt haben, so ist mir seine Stütze unendlich nöthig. — Trattner drang um das Exemplar. — Ich wollte es ihm nicht grad abschlagen; Er drang wieder. Ich forderte 1000 fl. W. W. — Er schrieb mir, daß Bücher keine Käufer finden. Und so habe ich jetzt Ruhe, und kann mit dem Exempl[ar] machen was ich will. Ich werde es selbst drucken lassen, und das 1. weil dazu viele Kupfer kommen, und Trattner solche schlecht stechen läßt. 2. Weil bey Tr[attner] mancher ehrliche Mann in die Setzstube geht, und in der Handschrift verstohlen oder durch Einverständniß des Setzers manches ändert. 3. Weil dort die Correctur sehr schlecht besorgt wird.
Graf Mailáth ist mit der Anthologie ungr. Dichter fertig. Er übersetzte 150 kleinere Gedichte (in Versen), unter andern auch meine Brekeke, die dem Rec. meiner IX B[än]de. in Tudom. Gyűjt.*
B[än]de.| in Tudom. Gyűjt.| [Betoldás a sor fölött.]
nicht Posse, sondern Unsinn schienen. Von Kisfaludi nahm er besonders viele Sonette auf, (die aber der Form nach, ganz und gar nicht Sonette sind.)
Sam. Igaz, Sohn eines Predigers in Miskolcz, meines Schulfreundes, der einst Hofmeister bey dem reichen H[er]rn von Tisza (Schwiegersohn des Grafen Louis Teleki) in Grosswardein war, und sich jetzt in Wien aufhält, und Prof. Márton in der Ausarbeitung seines Lexicons beysteht, — gibt jetzt ein Zsebkönyv az 1821 esztendőre aus. Er bat mich um poetische Beyträge, und ich schickte sie ihm gestern. Der Gedanke kam ihm spät, und er will alle Beiträge bis den 30. Nov. in Händen haben. Vielleicht schicke ich ihm noch die Biographie von Thomas Nádasdi, die Mednyánszki schon in Hormayrs Taschenbuch gab. Meine wird keine Übersetzung seyn, und freyer ausfallen. — Dem Tud. Gy. habe ich die des Martinusius geschickt, — wenn man sie aufnimmt. Was sagen Sie zu die [!] Biogr. des Superint Szilágyi? Man hielt sie 1 1/2 Jahre auf, endlich erschien sie doch. Aber gleich erschien die des Domherr Molnár darauf, gleichsam um diese aufzuwiegen. Wie doch die Menschen Religions Parteilichkeit nicht vergessen können! — Ungvár Németi Tóth starb wirklich. So schreibt mir Igaz in seinem letzten Brief. Der erstern Nachricht wollte ich es nicht glauben. Den Tag kann ich Ihnen nicht mit Gewißheit nennen. (Vielleicht den 31.*
Sept. 1820 [Megjegyzés a sor fölött más kézzel, más tintával.]
Aug.) Sein erstes Rigorosum bestand er dicsőséggel — schreibt man mir. 300 fl gab ihm, um den Doctorhut zu erlangen, der Erzbischof von Erlau, in dessen Hände er seine Profession den 16. Okt. 1816 abgelegt hatte, die rückständigen 300 f Graf Széchényi. Der edle junge Mann war mir unendlich theuer. Unsere Literatur konnte keinen herbern Verlust leiden. Mir schickte er eine Plenipotenz unter der Handschrift Sr. Maj. und des Kanzlers Koháry zu, in welcher ich Fidelis noster Egr. Franc. K. de Eadem Tab. Zempl. Assessor genannt werde, um seine adelige Abkunft zu beweisen. Meine autograph. Sammlung ist so mit einem preciösen Stücke bereichert. — Virág gab Horazens Satiren heraus. Sie sind excellent, zum Bewundern. Die 2te: Ambubajarum, mit sehr zarter Hand, aber treu behandelt. Aber er gab dies Jahr auch eine Magyar Prosodia és M. Irás heraus, bey welcher man sich des Lachens nicht einthalten kann. Es sind Blätter der Wahrsagerin, welche ein Wind zusammengeweht hat, und etwas noch ärgeres, das uns an die heil. Excremente des Dalai Lama erinnert. Mit vieler Galle ergießt er sich wider Versegi ohne ihn zu nennen. Auch sehe ich, daß zwischen ihm und Kultsár sich*
Kultsár |sich|[Betolás a sor fölött.]
eine Kluft geöffnet hat, die ewig bleiben wird. Und der allem und jedem süßlächelnde Mann hat doch auch Virág immer Weyhrauch dampfen lassen. Virág wird seine duplicitӕt kennen, und hat sich gerächt. Und wie gerächt. Lachen Sie. Hier die Stelle: — Virág ist in Kleinigkeiten unendlich intolerant. Jeder Ungar sagte und schrieb olta und miolta. Révai, Horvát István und einige andere*
einige |andere| [Betoldás a sor fölött.]
derivirten das Wort aus dem Hebräischen, und schrieben óta und mióta, ohne L. das verdrießt Virág. Lesen Sie nun seine Worte S[eite] 12 Z[eile] 6. von unten „most a Tudósitó is ótáz, mótáz, quod mirandum.” Kultsár schreibt Hazai Tudósítások. Dieser der Name. −
Versegi spricht viel von Musik in seiner Grammatik. Nun pag. eadem: „Ezt bátorkodtam mondani én, ki két három holnapig tanulgattam eggy kis musikát, consequenter nem lehettem, mint példának okáért Rikóti, virtuosus.” — So etwas ist doch unendlich niedrig. Ich packe meinen Mann grad an, und nicht unter erborgten Namen. Das quod mirandum und das consequenter in dem ungr. Texte ist äusserst beleidigend. Man sieht Virág an, daß er seine Gegner nicht achtet. — Seite 32. de nagy Grammaticusra bízni nem kellene — auch Versegi, und Seite 37. potrohos könyveik, Anspielung auf Verseghis dicke Grammatik in minori 8o. Diese Herren bereiten ein Babel.
*Ich erfahre von guter Hand in geheime, daß mich jetzt erst eine blutige Fehde erwartet, da Füredi Vida (Versegi, Takács*
Versegi, |Takács| [Betoldás a sor fölött más kézzel, más tintával.]
und Consorten), und Horváth Jósef Elek, so wie vorher schon Somogyi, und mein Recensent Horvát Endre mit mir nichts ausrichteten, so kommt jetzt der Goliath aus seinem exil in Linz (der berühmte Batsányi) über mich her; der soll mir den letzten Streich geben. Nun der kleine David in Széphalom erwartet ihn auf Gott vertrauend. Ich bin sterblich: aber Goliath ist es auch. Ein paar meiner Freunde hätten mich alten Mann wider so viel Gegner doch schützen sollen. Ich klage nicht; aber wären sie angegriffen, ich hätte mich in den Streit hineingewagt so wie ich dem Prof. Steph.*
Prof. |Steph.| [Betoldás a sor fölött más kézzel, más tintával.]
Márton ohne sein Freund zu seyn, beysprang.
*Da ich diese Klage in Ihren Schoß ausschütte, lassen Sie mich die Unbescheidenheit*
Unbescheidenheit [Átírással javítva.]
begehn, daß ich Ihnen ein reitzendes Epigramm des Szent Miklósy auf mich, das ich gestern erhielt, mittheile:

A’ Kegyek’ oltárit melly tündérfénybe borítod
Kedvelt áldozatid’ mennyi lángjaival!
Szent hálát mosolyognak azok rád bájövök’ oldva,
’S Papjoknak*
Papjoknak <szentel ʼs kenf>
koszorúz ’s ken-*
ken|-| [Betoldás a sor fölött.]
fel Apollo maga.

In*
<Wie übergießest du mit Seit> In
welch einen*
<..?> [A szó fölött átsatírozott betűk láthatók.]
Fernschein hüllest*
<|umgiebt|> [A szó fölött betoldva, majd áthúzva.]
du durch die himmlischen Flammen deiner gernegesehenen Opfer den*
den [Átírással javítva.]
Alter der Grazien! Sie lächeln dir einen göttlichen Dank zu soluta zona,*
bey gekösten Gürtel [Megjegyzés a sor fölött más kézzel, más tintával.]
und Apollo bekränzt*
|be|kränzt [Betoldás a sor fölött halványabb tintával.]
und weiht dich zu ihrem Priester. — (Das hüllest ist im deutschen unpassend.) Das Epigramm ist im Ungrischen wirklich zauberisch. Ich wünsche, daß dieses einst unter mein Bildniß gestochen werde. Rumpantur utilia Codris.
*Was sagen Sie, mein Herzens und Seelen Freund zu dem Aufenthalt des Monarchen und der edlen Monarchin in Pesth? Wohl haben die Ungarn recht gehabt, da sie in den Artikeln ihrer Reichstagen sich so oft schon versprechen ließen, daß unser König alle Jahre nach Ungarn komme. Jetzt kennt das Land mehr den liebenden König, und das liebende Volk den König, und so ist es Recht. Ich bin kein Vivatschreyer; aber ich bin entzückt über das was in Pesth und Ofen vorfiel. Ich umarme Sie. — Die Nachrichten über Mailáth, Virág besonders aber Batsányi sind einzig und allein für Sie selbst.

[A borítékon:]

Polyhymnia von Vályi Nagy und seine latein. Gedichte sind in Septbr. zu Patak erschienen, so wie er beide Werke zurückließ. Ich arbeitete dazu bloß sein Leben und die kurze Vorrede. Die Iliade wird jetzt gedruckt ohne Alle Veränderung im Texte. Ich empfahl die Witwe, und schrieb viele Briefe. Der edle Bischof von Siebenbürgen schrieb mir, er sey új gazda, und kann nichts geben. Biblioth. Horvát István gab aus eigenem Beutel 100 f. und niemand sonst.*
f. |und niemand sonst.| [Betoldás a lap szélén.]
— Hozsnek*
Ho|z|snek [Betoldás a sor fölött.]
[!] fiel aus den Gnaden des Vay Abraham. Wer gefehlt habe, weiß ich nicht. — György József Prediger zu Szathmár Németi, kam den 27. Oct. zu mir, in der Rückreise von Leutschau, wohin er seine Tochter wegen Sennovitz, geführt hat. Er konnte mir wegen unserer Malie nichts sagen; er wußte nicht einmal, daß sie dort ist. Meine ältere Tochter ist in Kaschau, bey dem Klaviermeister, den ich 1 1/2 Jahre im Haus hatte, und der in meinem Haus ein durch uns erzogenes Stubenmädchen heurathete, — weil ich keinen Klaviermeister fand. Graf Mailáth ein Virtuose auf dem Fortepiano versicherte mich, das Kind habe viel Talente; ich sollte fortfahren. Ich dachte lange, daß ich sie zu Sennowitz führe. György rieth es mir mit dem Beysatz, sie zu Frau von Pfannschmied geb. Günther in die Kost zu geben, wo György’s Schwager Prof. Osterlamm Lectionen giebt. Dieses ist mir*
mir [Átírással javítva.]
unendlich lieb, denn ich kenne Therese Günther; ein edles liebenswürdiges Weib. György den ich seit 1815 nicht sah, ist sehr reif geworden, und hat sich sehr gebildet. Sein Strom von Gespräch, seine Toleranz, sein männl. Muth machen ihn allgemein beliebt, und der pietistische Bischof hat unendliche Gnade für ihn. — Der alte Koczok hat geheurathet. Seine Kinder sind unwerth eines solchen Vaters. Vielleicht war das Ihnen unbekannt. — Meine 2te Tochter nahm die kinderlose Schwester meiner Frau uns mit Gewalt. Doch gab ich sie nur auf ein Jahr. Sie wohnt im Banat in dem Gute meines Schwagers D’Ellevaux. Das ist bey und mit ihrem Gatten.