HUN–REN–DE
Klasszikus Magyar Irodalmi
Textológiai Kutatócsoport

Magyar írók levelezése
Elektronikus kritikai kiadás

HU EN
Mailáth János – Kazinczy Ferencnek
Nagyugróc, 1820. július 10.
Nagy Ugrocz am 10/7. XX.

Ich erhielt ihren Brief vom 30. Junius so*
vom 30. d. so [A „Junius” a sor fölé írva.]
eben, und beantworte ihn sogleich wie ich dis mit ihren mir überaus werten Briefen stets zu halten pflege. Dass Sie sich der Revision der Nagyischen Iliasz unterzogen, Dass diese Arbeit der Beweis eines schönen in Sie gesetzten Vertrauens ist freut mich als ihren Freund gar innig. Was Sie über Nagyens Arbeit bemerken ist sehr richtig, und daher die Änderungen die Sie stellweise anzubringen gedenken zum Vortheil des Ganzen, und wirklich nothwendig, nur müssen Sie in einer Vorrede dem ungrischen Publikum, welches an der Missdeutungssucht laboriert, recht deutlich sagen was Sie geändert, und warum.
Ihre beiden Epigramme über die beiden Mihály (Nagy und Szent) sind in hohen Grad gelungen. Wäre Deseöffy auch um vieles weniger scharf und feinsinnig als er ist, müsste er doch Sie*
doch <..> Sie
auf der Stelle erkennen. So wie Sie es gethan, schaut keiner der Unsern eine Gegend an.
Dass Sie sich mit mir und meinen Bitten beschäftigen, dank ich ihnen recht von Herzen. Virágs Werk über die Prosodie, das Sie erwarten, habe ich. Es wäre vermessen wenn ich darüber eine Meinung haben wol[l]te, dis eine weis[s] ich nur, dass ich von ihrer Einsicht geleitet, von ihrer Freundschaft unterstüzt die charakteristischen Grundzüge der magyarischen Prosodie den Deutschen erschöpfend verständlich zu machen hoffe.
Ich weis[s] nicht ob ich ihnen schon geschrieben, dass mir Döbrentey geschrieben, und dass mich nicht leicht etwas so freudig überrascht hat. Auch diese Verbindung dank ich ihnen mein theurer Freund, und ich weis[s] es dass es Sie freut, wenn ich ihnen schreibe dass mir Döbrenteys Annehärung*
[Helyesen: „Annäherung”.]
desswegen doppelt*
Annehärung doppelt [A „desswegen” a sor fölé írva.]
Wert ist. Ich habe schon einen zweiten, eben so lieben Brief von ihm.
Als Sie ihren Brief vom 30/6 schrieben scheinen Sie den Meinen noch nicht gehabt zu haben worin ich Ihnen detaillirte Auskunft gebe über all jenes, was ich gleichsam als Einleitung zu meiner magyarischen Anthologie schreiben wil[l]. – Diese rückt mächtig fort und ist im August sicher beendigt. Ich wil allen lebenden Dichtern die Übersezungen ihrer Gedichte zusenden vor den Dru[c]k, um zu erfahren, ob*
erfahren, <wel> ob
ich durch jene Änderungen, zu denen mich die Verschiedenheit der Sprache zwang, nicht den Geist des Originals verlezt. Schreiben Sie mir doch, welche ihrer Gedichte*
welche Gedichte [Az „ihrer” a sor fölé írva.]
ich ihnen bereits in Übersezung zugeschickt, damit ich auch die übrigen folgen lassen kan[n]. Ist das Büchlein Tavaszi Virágok von Szemere? wenn nicht von ihm, von Wem? Szemere hat Sonette geschrieben, ich kenne keines, wo find ich sie? Es ist einst ein Énekes gyüitemény erschienen, von wem ist es? ich wählte daraus Farsangi Ének; Bor ivás alatt; A Dieu; Az asszonyi erkölts. von wem sind diese? Wann geboren, und wann starb Beniczki,*
[A „Beniczki,” a baloldali margóra írva.]
Faludi, Endrődi, Aranka? wann geboren Verseghi, Kisfaludi, Tóth László, Horváth Josef (Verfasser des Szombathelyi Himen). Was heis[s]t eigentlich Himfy? Hat Döbrentey keine Gedichte geschrieben? wo find ich sie? – Ich glaube gegen Kiss ungerecht gewesen zu sein; als ich seine Gedichte las, verdross es mich mehrere Übersezungen aus dem Deutschen zu finden, ohne Angabe des Originals, darum wählte ich zur Anthologie nur; Emberi élet kertje; Hajos Ének; A’ jó feleség; A’ szerelem és a’ barátság. Ich habe seine Gedichte nicht mehr, schreiben Sie mir also, was ich von ihm noch übersezen*
noch übersezen [A „von ihm” a sor fölé írva.]
sol[l]? Dieselbe Bitte habe ich in Betref Dayka’s, von diesen hab’ ich nur zwei übersezt: A’ titkos Bú, a’ hü Lyánka. Ihre Frösche sind schon übersezt, und folgen im nächsten Brief. Um ihrer Epigrammengabe in etwas wett zu machen lege ich ihnen eines meiner jüngsten eigenen Gedichte bei. Leben Sie wo[h]l ihr Freund
Mailáth

Der Blumen Schmerz
Wie dünkt es mich so schaurig,
Des Lenzes erstes Wehn,
Wie dünkt es mich so traurig,
Dass Blumen auferstehn.

In ihrer Mutter Armen
Da ruhten sie so still,
Nun müssen, ach! die Armen
Heraus in’s Weltgewühl.

Die zarten Kinder heben
Die Häupter scheu empor;
Wer rufet uns in’s Leben
Aus stiller Nacht hervor?

Der Lenz mit Zauberworten,
Mit Hauchen süsser Luft,
Lockt aus den dunklen Pforten,
Sie von*
Sie <a> von
der Mutter Brust.

In bräutlich heller Feyer
Erscheint der Blumen Pracht;
Doch fern schon ist der Freyer,
Wild glüht des Sommers Macht.

Nun künden ihre Düfte,
Dass sie voll Sehnsucht sind;
Was lebend würzt die Lüfte,
Es ist der Schmerzen Kind.

Die Kelche sinken nieder,
Sie schauen Erdenwärts;
O Mutter nimm uns wieder,
Das Leben bringt nur Schmerz.

Die welken Blätter fallen,
Mild deckt der Schnee sie zu. –
Ach Gott! so geht’s mit Allen,
Im Grabe nur ist Ruh!