Széphalom den 30. Jun. 1820.
Virág gab dieses Jahr ein Werk heraus, in welchem er über verschiedene, vielleicht alle Gattungen der Ungrischen Versificationen handelt. Er verdient, daß man ihn höre; ich will also meinen Aufsatz so lange behalten, bis ich das Werk gelesen haben werde. Vergeben Sie mir den Aufschub, bis das Exemplar ankommt.
Jetzt sind alle meine Stunden der Durchsicht der Iliade des verstorb[enen] Vályi Nagy gewidmet. Die Witwe beehrte mich mit dem Vertrauen, daß ich die Ausgabe besorge, und das, ohne daß ich sie darum directe oder indirecte angegangen hätte. Ich habe nicht nöthig, mein Herr Graf, Ihnen zu sagen, wie sehr ich durch dieses ihr Vertrauen beehrt, ja glücklich mich fühle; ich habe Gelegenheit etwas für unsere Sprache u[nd] Literatur, und zur Bildung unseres Geschmacks, dann aber auch für den Schatten des würdigen Mannes, für das Wohl seiner Hinterlassenen, zu thun. Vályi-Nagys Übersetzung ist freylich nicht die Vossische: aber haben denn die Deutschen in ihrer allerersten Übersetzung der Iliade auch eine Vossische erhalten? Vályi-Nagy war nicht Voss, Ungarns Sprache ist nicht die Sprache der Deutschen, und diese Übersetzung hätte zehn Jahre noch unter der Hand des Übersetzers noch stehen sollen: aber es ist doch eine Iliade, und wahr,
*und <...> wahr, es
es sind Stellen darin, die über alle Erwartung gut ausgefallen sind. Vályi Nagy hatte auch Voss’s Übersetzung vor Augen, und in vielen Stellen fand ich, daß er mehr der deutschen Übersetzung als dem griech[ischen] Original gefolgt ist. Ich nahm mir vor, nichts zu ändern, als offenbare Verirrungen, und zwar solche, welche nicht stehen bleiben dürfen; bessern – das erwartet das Publicum nicht von mir, ja von Niemand; wer es besser kann, als Vályi Nagy (was unter uns gesagt, nicht eben das schwerste wäre), der arbeite die Iliade selbst. – Ich nahm mir vor, in der Durchsicht des M[anu]s[crip]ts nichts anders zu machen, als Sprache und Orthographie mit Vályi Nagys Theorieen mehr in Harmonie zu bringen; wobey ich aber das griech[ische] Original, die lateinische wörtliche und die deutsche Vossische Übersetzung zu Rathe ziehe. – So striech ich die römischen Namen der Götter Griechenlands, die Vályi Nagy nur in Einem Gesang den griechischen untermischte, und setzte für Minerva
Athene u. s. f. –
Vályi Nagy gab dem Buch den Titel
Homér’ Iliásza, wahrscheinlich weil auch Voss sein Werk HomeRs
*[Sic!]
Ilias benannt hat. Dies schien mir nicht recht; dann im Werke selbst überall Griechheit zu suchen, u[nd] nicht Ceres sondern
Demeter zu sagen, auf dem Titelblatt aber den alten Griechen mit einem verfranzösirten apocopirten Namen HomeR zu nennen – ist Widerspruch. Voss mag entschuldigt seyn, weil im Deutschen der Name die termination des
*Name die <Artikel> des [A „termination” a sor fölé írva.]
Genitiv verschmäht: Homer
os’s… Im Ungr[ischen] kann man aber sehr gut sagen: Homerósz’ Iliásza. –
Ich lege zwey Epigramme bey. Sie sind nicht selbstgeschaffene Landschaften, sondern nur Copien von vorgefundenen Gegenden, aber es sind schöne wirkliche Gegenden. Den 1. Jun[i] ging ich durch Nagy Mihály an den Gränzen von Zempliner Comitat gegen Ungvár, und ward bis zur Bezauberung hingerissen, als ich das abscheuliche, zusammengeflickte, durch elende Nebengebäude umgebene Haus des Grafen Michael Sztáray, einst Ob[er]Gesp[ann] v[on] Szabolcs und seiner Gemahlin Gräfin Eleonore Eszterházy, Tochter des Kanzlers, jetzt durch ihren Sohn Albert in ein lustiges Feenschloss umgewandelt erblickte. Die Nebengebäude sind abgetragen, und ihr Platz ist jetzt mit blühendem Gebüsch, die eben in der Blüthe standen, bedeckt. Zwischen den zwey Rondellen, die ein ehemahliger Besitzer dem nicht grossen Gebäud anhängte, lauft ein Gang mit eisernem Gitterwerk durch, und ich sah eben eine von den schönen Mädchen der Gräfin aus der einen Reondelle zu der andern Rondelle mit einer Schaale in der Hand hinübergehn. Also Gebüsch in Blüthe, das aufwartende zartgewachsene junge Mädchen, als eine luftige Erscheinung durch den leichten Gang, die schöne runde neue Decke der Rondellen, mit einem reich vorgoldeten Pinusknopf, das Haus vollkommen neu gelb angestrichen, jaloux neu grün, alles die Reinigkeit, das Frische, das Leichte, das Luftige – das hat mich entzückt. Ich hatte eine sehr schleinige Reise in das Ungvarer Comitat vor, dürfte also nicht aussteigen. Aber ich ließ vor dem schönen Kunstwerk des Architecten Koch (von welchem Jaschke, Begleiter des Erzherzog Reiner auf seiner Reise in Ungarn, mir 1810. als ich in Ujhely mit dem Erzherzog und diesem Zeichner speiste, erzählt hat, daß Koch, den er aus der Academie in Wien kennt, ein wahres architecton[isches] Génie sey) meinen Kutscher stehn, und lange, lange schwebte mir das schöne Kunstwerk von den Augen. So entstand das erstere Epigramm. –
Graf Albert Sztáray ist der Bruder der Gräfin Joseph Dezsőffy. Diese ließ sich durch Koch auch eine Zeichnung zu einem engl[ischen] Garten (mehr als 50 Joch groß) und einem großen, einem Prachtgebäude machen, und ich war voriges Jahr in dem mit einheimischen
*mit <vielen> einheim[ischen]
und exotisch[en] Gewächsen und Bäumen bepflanzten Garten, das in einer flachen, holzlosen Gegend sehr wohl thut. Der flache Ort hat von der Natur drey conisch gedrechselte Hügel – in Szabolcs, nicht selten – einer ist zu einem Weinberg bepflanzt, der andere hat ein Haus an der Spitze, und der dritte ist bis in die Hälfte abgetragen, damit das Wohnhaus des Grafen dort stehe. Koch hat sein Genie auch hier legitimirt. Dieses alles mußte ich sagen, um verstaendlich zu seyn.
1.
NAGY-MIHÁLY.
Ott Armída vevé tündérlakjába Rinaldot:
Itt a’ Károlyi lyányt Sztáray hozta belé.
Meg vala csalva Rinald: de te, boldog férjfi, nem álnok
Lyányka tüzétől égsz; hölgyed örökre tiéd.
Dőzsölj bájaidban (Schwelge in ihren Reizen) ’s a’ tündérlaknak örülj itt.
Eggy vagyon hátra: siess, ’s törzsököd újra virúl.
(Der
*D<as>
alte Stamm der Sztáray war schon fast ausgestorben.)
2.
SZENT-MIHÁLY. 2 Meilen v[on] Tokaj.
A’ hit Athéne nekünk ’s a’ héthegyü Város irígyel,
A’ kinek ajkairól Nestori Sváda szakadt,
Holdjait itt szántá, mint Xenophon, itt vere lantot,
Gyermekit itt nevelé szíve nagy érzetiben.
Puszta vala a’vad sík; perzselt agyag: Eleonóra
Rá pillanta, ’s az ím Thesszali Tempe leve.
Lépj árnyékiba, hív Idegen; szent helyre jutottál,
’S az
*az<t>
most is büszkén hirdeti Geniuszit.
–––
Ich habe dieses Epigramm dem Grafen Dezsöffi noch nicht geschickt. Wohl aber dem Magyar Kurir. Ich wünsche, daß Graf D. es gedruckt erblicke. Mein Name steht nicht dabey: aber er wird mich darin erkennen. Gewiß wird der Ort seine jetzige Bewohner und Schöpfer (Genius, Alkotó, Szépító) einst mit Stolz nennen.
Dieses Epigramm ist im Namen der spätern Zeiten gedichtet. Den sage ich in der letzten Zeile most is.
Ihr Neven, mein Herr Graf, Graf Anton Mailáth ist honoratior geworden. Die Nachricht von unserer Restauration haben Sie schon in dem Blatte des M. Kurir, das ich heute erwarte, gelesen. Mir that es weh, meine glühende Verehrung gegen unsern edlen Palatin, den ich nie sprach, aber den ich gränzenlos verehre, darin éclatiren zu lassen.
Ich beharre mit der innigsten Verehrung
Mein Herr Graf
Kazinczy Ferenc.