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Magyar írók levelezése
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Mailáth János – Kazinczy Ferencnek
Nagyugróc, 1820. június 27.
Nagy Ugrocz am 27/6. XX.

Ich vermute, dass Sie von Ihrer Reise bereits zurück sind, und beantworte auf gut Glück ihren Brief vom 23ten Mai,*
vom <…> 23ten Mai,
welches jedoch ein verschriebnes Datum sein muss, da Sie in*
[Helyesen: „im”.]
selben Brief den Meinen vom 24. Mai u[nd] 5. Junius erwähnen. – Zuvörderst danke ich Ihnen gar sehr, dass Sie sich mit einem Aufsaz für mich beschäftigen, Sie sind wahrlich zu gut, und ich rechne mir es beinahe zum Verbrechen, dass ich Sie um ihre kostbare Zeit bringe, sonst aber bin ich dadurch sehr beglü[c]kt, denn ich werde also etwas vortreffliches liefern können. – Um auf keine Weise zu einen Missverständniss Anlass zu geben, seh’ ich mich im Fall Ihnen ausdrücklich sagen zu müssen was ich leisten will: In meiner Übersezung Magyarischer Gedichte will ich zwei Abhandlungen schreiben Erstens Eine Darstellung der magyarischen Prosodie, auf dass die Herrlichkeit unserer Sprache den Deutschen von dieser Seite bekannt werde; Zweitens Die Geschichte der ungrischen Poesie von den Joculatoribus angefangen, bis auf die gegenwärtige tragikomische Epoche, dass ich hiebei die übrigen Zweige heimischer Literatur nicht mit gleicher Ausführlichkeit behandeln darf; anderer seits aber auch*
anderer seits auch [Az „aber” a sor fölé írva.]
nicht ganz umgehen kan[n]; sondern bei gewissen Momenten eine gedrängte charakteristische Übersicht des ganzen Literar Standes geben muss, wenn die Ausarbeitung nicht einseitig sein soll, dünkt mich unerlässlich. So will ich auch die vorzüglichsten Dichter jeder Epoche beurtheilen, nicht aber nach Art unserer Landesleute recensieren. Ich weis[s] dass ich in ein Wespennest greife Ich sage aber wie Hammer von den*
Hammer <in den> von den
arabischen Dichtern sagt, und ich weis[s] sie missverstehen mich nicht: Wenn ein Gedicht an den Kaaba aufgehängt wurde half Lob und Tadel nichts: der Recensent musste besser machen. Wenn Sie mir nun zu dieser Arbeit ihre pronotationen mittheilen wollen werden Sie mich aufs höchste verpflichten, so auch durch die Zusendung ihrer Preisabhandlung von 808. Dass Allem was Sie mir schicken wollen nichts geschieht verbürge ich – Am besten ist es Sie geben alles in Kaschau auf die Diligence und adressieren es an Baron Aloys Mednyánski K. K. Kämmerer nach Pressburg. Von und durch ihn bekomme ich es verlässlich. Es ist vielleicht keine überflüssige Sorgfalt, das Ganze in WachsLeinwand einzunähen, um dem Regen zu wehren. Auch bitte ich Sie mich zu verständigen, wenn das Ganze abgehen soll, damit ich die gehörigen Anstalten durch meinen Schwager treffen lasse dass er das Päckchen gleich erhält. –
Dass meine Umarbeitung der altdeutschen Gedichte ihren Beifall erhalten, hat mich innig erfreut. Auch ich liebe*
Ich <fin> liebe
die Legenden darin ja vorzugsweise. Mein Verdienst ist bei der Arbeit nicht gross, die Alten haben Alles gethan ich musste nur nicht verderben.
Ihre Frösche erhalten sie nächstens übersezt, indessen lege ich Ihnen hier zwei Sonette bei, schreiben Sie mir nur ob Ihnen die Überse[t]zung zusagt, und wo sie selbe geändert wünschen.
Über meine Bemerkungen über ihren Sallust habe ich späterhin viel gelacht, es ist meinem Criticismus ein seltsamer Streich passiert, ich habe mich einer Silbenstecherey schuldig gemacht! ich bekenne ihnen aufrichtig dass ich von all’ dem, was ich geschrieben izt nichts für gegründet halte, als die Bemerkung über das: Viros pati muliebria. Das übrige heis[s]t alles nichts. Ich würde sehr bedauern wenn sie voreiliger Bemerkungen wegen die ganze Arbeit nochmals durchgehen wol[l]ten. Ich bedaure dass Sallust noch nicht gedruckt sein wird, wenn meine Magyarischen Gedichte erscheinen, ich also in der vorangehenden Abhandlung ihrer nicht erwähnen kann; ich betrachte ihre Überse[t]zung als eines der grössten Parade Stücke unserer Literatur. – Sie schreiben mir nichts über Hormayrs und Mednyánszky’s Taschenbuch! Haben Sie es nicht? die Auflage*
nicht? <ich wü> die Auflage
ist zwar vergriffen, ich würde ihnen aber ein*
aber <doch> ein
exemplar zu senden. – Für die Daten über einige Magyarische Dichter danke ich. Noch eins: Im Tud. Gyüit. heft III 820 steht ein Absurder Aufsaz über den Gebrauch der Deutschen statt Unger zu schreiben der Magyare. Ich bin dagegen aufgetreten, hoffe meine Antwort wird im Junius heft gedru[c]kt, schreiben Sie mir wie Sie mit mir zufrieden sind. Ihr Freund
Mailáth
Haben Sie Cziráki’s neues Buch gelesen? Dem Mann sol[l]te ein Monument errichtet werden.

Mein Beglükker
Von Millionen die die Erde zählt,
Verfolgt, wie mich, die blinde Ate keinen;
Greift wütend manchmal Sie den Andern Einen,
Gleich ist sein Gott ihm schüzend zugeselt.

Mich schüzt der Himmel nicht, und nicht die Welt,
Auf zehrt der Kampf das Mark in den Gebeinen,
Ohnmächtig, ach! erschöpft, kan ich nur weinen,
Wo Balsam für die Wunde die mich quält?

Und Eros dauert meines Lebens Leiden.
”Der Ate zürnen sänften meine Freuden„
Er sprachs; im Arme ruhet*
Arme <ruhen> mir [A „ruhet” a sor alá írva.]
mir Sophie.

Seit sie die Leuchte meines Lebens Nächten,
Seit ich umschirmt von Amors heilgen Mächten,
Schmerzt mich der wilden Ate Rasen nie.

Ihr Bild
Der Morgen wecket mich; mein höchstes Gut,
Ihr göttlich Bild tritt meinem Aug’ entgegen.
Wie bebt mein Herz in süssen Liebesschlägen;
Auf lodert flammenhell die alte Glut.

Sie ist’s, sie ist’s! so ruft mein wallend Blut,
Ich küss’ die Luft als wäre Sie zugegen,
So sprach, so ging sie, so war ihr Bewegen,
So sank an’s Herz sie mir voll Liebesmut.

Wie einst mit Ihr, beginn ein Flüstern ich
Jezt mit dem Bild, verborgen, neckend, süss;
Nun holden Streit, nun Worte lieb und mild.

Bis ich dis treibe hebt die Sonne sich,
Schikt durch die Jalousien ihre Grüss’,
Umstralt mit Himmelsglorie das Bild.