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Kazinczy Ferenc – Mailáth Jánosnak
Széphalom, 1820. március 11.
Széphalom den 11. März, 1820.
Verehrter Herr Graf,
Meine eigene Kränklichkeit, dann die meiner Frau, aber nichts so sehr, als das Aufsuchen der Data, welche ich Ihnen endlich hier vorzulegen glücklich bin, hat meine Antwort auf Ihre unschätzbaren zwey Zuschriften etwas verzögert. Sie sind so gewichtsvoll, und sichern mir Ihr Wohlwollen, meinen Stolz, in dem Grade zu, daß ich stumpf an allen Sinnen und ohne Herz seyn müßte, wenn mein Schweigen aus Mangel an Verehrung für Ihre Person, und Achtung für diese zwey geistvolle Briefe herrühren könnte.
Lassen Sie mich vor allem andern sagen, mein Herr Graf, daß die bewußte Unterschrift nie gestochen werden wird.
Ihre zwey Gedichte sind des Beifalls, den sie eingeärndtet haben, im vollen Maaße werth. Wie sehr beneide ich Sie um die Freude sie gedichtet zu haben! Die kleine Romanze: Des armen Vaterhaus, hat mir süsse Thränen geschenkt.
Das in der Zeile kann und darf nicht wegbleiben. Ohne dieses bé würde das tölti nicht ungrisch gesagt seyn.*
würde <es> nicht ungrisch das tölti gesagt seyn. [A szórend átszámozással javítva.]
Ich habe H[er]rn Hauptmann Sisak an sein Geloben, den Agathocles zu übersetzen, erinnert, und ihm die dieses Versprechen betreffende Zeilen aus Ihrem Brief, mein Herr Graf, ausgeschrieben: aber Baron Paul Wécsey, der den Fasching in Kaschau verlebt hat, und beym Hauptmann Sisak wohnt, macht mir zu der Erfüllung des Versprechens wenig Hoffnung. Wüßte ich, verehrter Graf, daß die Übersetzung dieses Werks Ihnen Freude machen wird, so würde ich mich dazu entschließen. Ich habe das Werk nicht gelesen, kenne es ganz und gar nicht. Aber Ihr Wunsch ist mir in allem, was meine wenigen Kräfte nicht übersteigt, Befehl, und Carolinens Name und Ihr Beifall sind mir im Voraus Bürge, daß*
Voraus <Zeuge> daß [A „Bürge,” a törölt szó fölé írva.]
ich meine Zeit, an der ich gewiß sehr arm bin, nicht verschwendet haben würde.
Mein Aufsatz Orthol[ogusok] és Neologusok im Tudom. Gyüjtem. ist glücklicher, als ich es ihm versprochen habe. Was davon Graf Joseph Dezsöffy urtheilt, weiß ich noch nicht; dieser von mir geliebte und bewunderte Mann hat, wie auch in den meisten Dingen, so auch in dieser, seine eigene Ansichten; andere fanden ihn aber weit besser, diesen Aufsatz, als ich selbst. Als ich ihm arbeitete, hatte ich stets Sie, mein Herr Graf, vor Augen, und mein höchster Wunsch war, daß die Arbeit sich Ihres Beifalls erfreuen könnte; und dieses Glück ward also, nach Ihrem gütigen Schreiben, mein, bloß dadurch daß ich Ihren Beyfall zu erringen mich bestrebte, mein. Superintendent Kis in Oedenburg theilte mir darüber das Urtheil des Baron Johann Lakos mit, sammt dem Beysatze, daß Lakos diesem Aufsatze, den für das Jahr 1819. ausgesetzten Preis zuerkannt habe. Dies that auch ein anderer Leser des Tudom. Gyüjtem. ohne daß ich etwas, bis den Abgang seines Briefes an die Redaction, davon wußte. Daß auch die Redaction die Schrift kröne, wünsche ich es wegen der Sache selbst; und erhalte ich den Preis, so soll sich die arme Familie des Prof[essors] Vályi-Nagy freuen. Die Witwe blieb ohne Pension, ohne Haus, mit 3 Kindern, und mit 1200 f. Schulden. – Seine Übersetzung der Iliade wird eben purisirt, und dann gedruckt. Ich hatte die Arbeit bis jetzt nie gesehn; Nagy wollte sie mich nie sehen lassen. Aber ich sehe, daß er Kölcseys Übersetzung des I. Gesangs nicht bestohlen, aber benutzt hat. Auch sind Stellen, die er aus den Bruchstücken arbeitete, die ich selbst zum Versuch aus dem Griechischen übersetzt habe. Vályi Nagys Übersetzüng ist gewiß ohne Vergleich besser, als was jede andere Nation zum erstenmahle erhalten hat. Der edle, gelehrte, sehr fleißige Mann starb d[en] 15. Jänner, in einer gänzlichen Erschlaffung. Er rieb sich durch sein rastloses Leben und die gewissenhafteste Erfüllung seiner Lehrerspflichten im 55sten Jahre auf. Glauben Sie mir, verehrter Graf, er war ganz das, was ich von ihm in der Anzeige seines Todes (Magyar Kurir No. XIII.) gesagt habe.
Ich gehe jetzt mit dem Gedanken um, für die hülflose Familie Geld einzusammeln, denn sie hat das von nöthen. – Die Apothekerin von Patak hat gezeigt, was unsere Großen thun sollten; sie hat der Witwe das Conto von 110 f. zum Geschenk, und nicht als Ford[e]rung, zugeschickt.
Kisfaludis, Versegis, Virágs Geburtstage kann ich nicht angeben. Ich habe sie alle drey vor vielen Jahren darum befragt; aber sie wollten oder konnten mir darüber nicht antworten. Virág sagte mir 1808. sein Alter, und ich rechnete es nach. Nach diesem Wink muß er 1752. geboren seyn.
Tóth László schreibt mir mit Entzückungen über die Ehre, Ihren Brief und Ihre Übersetzung, mein Herr Graf, erhalten zu haben. Er wird Ihnen über die unterstrichene Zeilen die Aufklärung selbst geben. Ich habe nur hinzusetzen, daß*
Ich habe <nichts anders> hinzusetzen, <als> daß [A „nur” a törölt rész fölé írva.]
ich bey Cziprus illatjával nichts anders denke, als ein nicht ungrischen Zweig. Er spricht in der ersten Epode seines herrlichen Liedes von der griech[ischen] und römischen Literatur, in Bildern, und sagt dann, daß er den Zweig des ungrischen Weinstocks und der ungr[ischen] Eiche, mit dem ambraduftenden Zweig der Cypresse zusammengeflochten, den Göttern des Olymps weiht. Da aber die Cupressus das Sinnbild des Todes ist, so mag hier dieser Zweig auch darauf zielen, daß die griech[ische] und röm[ische] Sprache gestorbene Sprachen sind.
Sie schreiben diese Form des Lieds, welche Sie, mein Herr Graf, zum Schema des Tóthschen Gedichtes gewählt haben, der Erfindung Göthe’s zu. Erlauben Sie mir die Bemerkung, daß sie alt ist. Sogar Seneca liefert in seiner genialisch-caustischen Apokolokyntose ein Beyspiel davon: – Claudius ut vidit funus suum, intellexit se mortuum esse. Ingenti enim megalegoria naenia cantabatur anapaestis:
Fundite fletus,
Edite planctus,
Fingite luctus:
Resonet tristi
Clamore forum,
Cecidit pulchre*
<Quo non alius> [Javítás a törlés alatt.]

Cordatus homo
Quo non alius
Fuit in tot
10 Fortior orbe etc.

freylich gab aber Göthe diesen anapaesten und pseudo-anapästen einen freyern Tanz. Man kann bey Göthe sagen: numerisque, fertur lege solutis. –
Diese apokolokyntose ist ein geistiges, aber böses Spiel, welches nur römische Sitte und Freyheit entschuldigen kann.

Mir verfloß der Februar in dem wieder neuem Umtrieb meines Ixionischen Rades; ich übersetzte Sallust von der ersten Zeile angefangen bis zu der letzten. Bald, bald werde ich ihn endlich einmahl; nachdem ich mich seit fast 30 Jahren daran müde abgearbeitet habe, herausgeben können. So wie Frankreich beschämt vor den Deutschen bey dem Anblick des Voss’schen Homers steht, so wird Magyaria stolz vor Franzosen und Deutschen mit diesem Sallust auftreten, und sie fragen, ob sie oder der Magyar Roms grossen Thucydides wiedergab. Schlüter, Höck, Abt, Meissner, Weinzierl, Fröhlich, so wie Abbé Thyvon (der den Sallust vergallizirt, aber doch gewiß sehr gut verstanden hat) haben das nicht geliefert, was wir besitzen werden. Meine Übersetzung ist nicht latein-ungrisch, aber sie ist das Abbild des römischen Meisterwerkes. Erringe ich mir dadurch Ihren Beifall, verehrter Graf, so bin ich für so viel Anstrengung reich belohnt. Und welch ein Lohn war selbst diese Ixionische Arbeit schon! Sie gab mir eben so viele und grosse Freuden, als sie mich oft zur Verzweiflung brachte. Könnten wir nur die ewigen hogy, melly, ki, az, a’ entbehren; wahrlich unsere Sprache wäre so schön, wie die römische, die in manchen Rücksichten sogar die griechische übertrift. (Sie hat wenigstens die ewig wiederkehrenden ὁ, ή, ου*
[Sic!]
nicht vor den Substantiven und Adjectiven.)
Ich beharre mit unendlicher Verehrung
Mein Herr Graf
Ihr unterthänigster Diener
Kazinczy Ferencz.