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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1814. március 16.
Széphalom den 16. März 1814.

Theurester, geliebtester Freund,
Wohl habe ich Ihnen wieder lange nicht geschrieben. Ein Haufe von Briefen, auf die ich antworten muß, liegt vor meiner, und ein kleines Register von denen, die ich nicht mehr aufschieben kann, kommt mir alle Augenblicke in die Hände; aber ich komme nicht dazu, daß ich damit fertig werde. Ich sehe wohl, daß meine Freunde gekränkt werden; aber ich kann nichts anders als sie um Nachsicht und Geduld zu bitten. Diese wissen es ja, daß mein Schweigen nicht aus Kälte kommen kann.
———
Den 20. Febr. traf ich spät abends in Debreczin ein. Ich hatte in Familien-Geschäften mit dem Stadtrichter zu thun, und fand ihn nicht; er hatte bey dem Conseiller Paul Beck gespeist und kam noch nicht nach Haus. Theils die Hofnung [!], daß ich den Stadtrichter*
Stadtrichter <..?>
dort antreffen werde, theils die Neugierde, zu hören, ob es denn wahr ist, daß die Russen den 4. Febr. Paris eingenommen haben, welches mir zu Rakamaz der Postmeister mit aller Gewißheit erzählt hatte, ging ich zu Beck. Das Zimmer war voll von Gästen, und ich kam in ein embarras, als ich die Thür aufmachte, und statt 4 bis 5 Personen gegen 60 versammlet fand. Glücklich daß ich mich ganz umgekleidet hatte, denn die Gäste waren in vollem Galla; es ging bald darauf eine Musik und später ein Ball an. Beck glaubte ich sey bey Allen bekannt und führte mich nicht auf. Dieser und jener, diese und jene sprachen mit mir, und nun ging Conseiller Beck mit mir im Zimmer zwischen der Menge auf und ab. —
Wer ist der alte Herr da? fragte ich Beck. „Wie? Sie kennen ihn nicht? Gra Aloys Batthyáni.” Ich hatte ihn nicht erkannt, und bat Beck mich aufzuführen. Der Graf stand auf, und ging nun, so wie zuvor Beck, mit mir wohl über eine Viertelstunde auf und ab. Er fragte mich, was ich Neues mitbringe. Ich erwähnte den geglaubten Tod von Gr[af]. Franz Barkóczy, Administr[ator] des Pesther Com[itates], der sich aber zur Freude jedes Wohldenkenden nicht bestättigt hat. Batthyáni nahm viel Antheil und klagte, daß bey unserer Nation die Besten ungeachtet sind. Ich glaubte in dieser sehr gerechten Klage etwas Bitteres zu fühlen, und sagte, daß diesetwegen die Nation nur zu beklagen, aber nicht zu beschuldigen sey. Die Regierung zieht Menschen, wie Barkóczy, Menschen wie Drevenyák, vor, und es ist billig, daß wir den*
den [Átírással javítva.]
Begünstigten Achtung erweisen; die Barkóczys wissen, daß sie von uns ganz anders geliebt und geehrt sind. Da Batty[háni]*
Batty[háni] <..?>
diese Klage auch später laut werden ließ, glaubte ich mich in meinem Verdacht gewiß nicht betrogen zu haben. Unsre Seelen gaben nicht Einen Ton. — Nun ward über Frankreich, Napoleon und den Krieg gesprochen. Der Mann, der 1790 bey dem Landtag die Liebe des Volks und seine Bewunderung war, hat ich so sehr überlebt, daß man von ihm zurückschaudern muß. — Wie wird sich jetzt das franz[ösische] Volk wieder in den [!] Geleis von Feudalismus fügen? fragte ich ihn; denn gewiß wird England und die durch England geschaffene Coalition alle Institutionen, die seit 1789 Frankreich schuf, umzustürzen trachten. B. antwortete mir, er sey kein Freund von dem Antifeudalismus; Menschen könnten gleich nicht seyn; gäbe er drey Menschen 300,000 f zum Geschenk, sie würden in drey Jahren gewiß nicht gleich bleiben — (Freund, würden Sie glauben daß ein B. so sprechen kann?) — er begreift nicht, zu was die neuen Edlen in Frankreich durch Napoléon erschaffen waren, die erst gemästet werden mußten, da die alten Edlen schon gemästet waren. (Waren das aber die alten Edlen? und wurden die neuen durch N. gemästet?) Nicht über einen einzigen Punkt traf mein Sinn und mein Gefühl mit Bʼs zusammen und ich nahm mir vor, mich in mich zu verschließen, aber das war nicht möglich. — „Und wie wird es noch werden, wenn die arma Louise endlich überzeugt werden wird, daß der sogenannte König von Rom ein unterschobenes Kind ist?” Aber Louise wird es doch wissen, sagte ich, ob sie schwanger war oder nicht; und gesetzt, sie hätte eine Tochter und nicht einen Sohn geboren, war denn da nicht die Hoffnung, daß sie auch einen Sohn noch haben kann? war es Napoléon unmöglich, dem doch so viel möglich ward, das Mädchen zu prӕfiziren? — Beck winkte mir, ich soll ihn fahren lassen. Ich ließ ihn auf seinen Stuhl gehen, und lehnte mich an den prächtigen Ofen, auf welchem ein gypserner Amor stand, sah den bedauernswerthen Alten mit Liebe an, staunte seine einmalige Grösse, und machte das Epigramm:

Venűl, ’s vénűljön, testem! de te lelkemet ittassd,
Hébe a’ szent kelyhből, és soha elaggni ne hagyd!

(Mein Körper altert, und mag er*
er [Átírással javítva.]
doch altern! Aber du, o Hebe, tränke meine Seele aus dem heil. Kelche, und lasse sie nie alt werden.)
Beym Souper ward ich der Nachbar seiner 60 jährigen Gräfin, der Schwester des Obersthofmeisters Gr. Szapáry beym Palatin; und ich befand mich in ihrer Gesellschaft tausendmal besser als in der ihres einst sehr grossen Gemahls. Die zwey Töchter sind nicht sehr schön, aber sehr brav, und sie schlugen das fortepiano und sangen ein paar italienische Lieder. —
Den Prof. Tatay, der bis Péczeli von Göttingen kommt, Geschichte lehrt, dabey aber auch Prediger in Debrezin ist, suchte ich auf. Und verlebte bey ihm eine köstliche Stunde. Ich sah ihn das erstemahl. Mir scheint, er war mit mir eben so sehr zufrieden, als ich es mit ihm war. Die guten Köpfe in Debr[ezin] finden sich durch meinen Hass gegen dieses kalvinische Rom nicht beleidigt; sie wissen, daß ich nicht sie, sondern nur den aufgedunsenen Benedek und seinen Anhang hasse. Buday und die übrigen Professoren sah ich nicht.
Scheverlays eléve, der junge Ladislaus Ujházy aus Budamér, kam mir im Ball bey Beck freundlich entgegen. Ich erkannte ihn nicht. Ich war entzückt über den braven jungen Mann. Er ist bey Prof. Dobrosy in Quartier.
Dr. Szentgyörgyi erzählte ich von dem Mondolat. Er erschrack. O lasse mich das Buch sehen; ich wäre untröstlich, wenn darin jenes Mondolat abgedruckt wäre, das ich, provocirt von Benedek, vor einigen Jahren aus den durch Barczafalvi Szabó erschaffenen abgeschmackten Wörtern geschrieben habe, sagte er mir. — Und siehe, eben dieses Mondolat steht in dem Buch abgedruckt. Sz[ent]györgyi, der durch die Apologie der Xenologismen in Dayka’s Leben ganz bekehrt ist, bedauert dieses herzlich. Sie stellen sich vor, ob ich dadurch beleidigt mich fühlte und noch fühle. Láczai, Rozgonyi und Kövy, drey Professoren is Patak, frohlockten über meine Kränkung. Prof. Nagy bot ihnen die Stirne. Nur gemach, sagte er zu ihnen; K[azinczy] wird gewiß nicht müssig seyn, und der V[er]f[asser] des Mondolat und Consorten sollen von ihm ihr Theilchen schon erhalten. — Und ich wette, sagte Kézy, daß K. stolz seyn wird darauf zu*
zu <enthalten>
antworten; das, was*
was [Átírással javítva.]
er üb[er] die Armuth der ung[arischen] Spr[ache] und die unausweichliche Nothwendigkeit*
[Bizonytalan olvasat.]
sie zu bereichern, in der Biogr[aphie] des Dayka gesagt hat, überwiegt ja diese Petulanz des Mondolat tausendmal. Dieß erzählte mir Kézy als eben Pr[ofessor] Nagy eintrat.
Nun, Herr Prof[essor], sagte Kézy, wer von uns beyden hat sich in K. geirrt? Nagy feuerte mich an zur Antwort, dazu bin ich stolz.
Superintendent Kis beehrte mich mit dem Auftrag, seine Gedichte herauszugeben und mich als solchen zu nennen. Ich habe diese geordnet, Stellen, die einer Ausbesserung bedarfen, bezeichnet, und ihn zur Herausgabe bewogen. — Welch ein Glanz für mich, daß mein Name an dem Titelblatt dieses Werks stehn wird.
Ein Togatus in Patak, der bald stud. medic. werden wird, schrieb mir gestern. Er bittet mich, seine ung[arischen] und griech[ischen] Gedichte zum Druck zu befördern. Ich sah ihn*
ihn <nicht>
nie. Er hat mir einige seiner griech[ischen] Gedichte zugeschickt, die alle meine Erwartung übertreffen. Ich setze ein paar hieher.

Ἑπτα θεους ὁ παλαι Φοιβην, Δια, Κυπριν, Αρηα,
Ἀλιον, Ερμειαν, και Κρονον ειχε νομος.
Ἑπτα θεους εχομεν και νυν κρατιοντας ἁπαντον,
Χαλκον μεν Κυπριδος, κασσιτερον δε Διος,
Τον τε Κρονου μολιβον, τον επειτα σιδηρον Αρηος
Χρυσον τ᾿ Αελιου παντας εχοντα βροτους,
Αργυρον ὑδατοχρουν Ερμου, του παγκρατιαστου,
Και τον της Φοιβης δευτερον οντα θεων.

Ich ward frappirt als ich Folgendes auch fand:

Ρηβαϊου αναγνωθι βιβλους, ὡς μὴ κακον ειπης,
Ως δε καλως λεξης, Καζιγκιον ισθι διωξαι

Ηβην, την ανθει, και νυν, εοικοτα κήπῳ
Και ψυχρὰ σκοτιη και μεγα καυμα βλαβει

Dieser brave junge Mann heißt Ungvár-Németi Tóth László. — Leben Sie wohl, theurester Freund. Und wenn Ihre Seele von Schmerz überfallen wird, so denken Sie, daß ich mit leide. ω τλημον αρετη λογος ἀρ εις! —