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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1809. július 24.
Sz. den 24. Jul. 1809.

Theurester Freund!
Wir hatten heute in Ujhely einen merkwürdigen Tag: Vicegespann Lónyai, zum Administrator des*
des <Zempl. Com.>
Ungvárer Comitats ernannt, sagte für heute eine Congregation an, in welcher er seine Vicegespanns Würde ablegen wird, und sie Stænde versammleten sich um so zahlreicher, weil sie endlich hier etwas von dem Ausgange der letzten Schlacht zu erfahren hofften. Nun wissen wir mehr als wir zu hören gehofft oder gewünscht haben; und wenn wir auch sehen, daß unsere Monarchie an Kräften nicht erschöpft ist, so müssen wir doch nur gestehen, daß uns diese Nachrichten sehr bestürzt haben.
Gestern Abends wußten wir nichts, als daß Preßburg den 15ten Jul. den Feind in ihre Mauren aufgenommen habe, und daß das Primatial Palais daselbst für den feindlichen General Regnier, das Grasalkovicsische aber für den Vice König in Italien bestimmt gewesen sey. Man sprach auch von einem Waffenstillstand auf vier Wochen, den wir aber gar nicht wahrscheinlich hielten, und weßwegen wir im Zweifel waren, ob ihn der Feind oder wir verlangt haben sollen. Unterdessen kam der Begleiter des Grafen Vincenz Batthyáni nach Constantinopel, Franz Csúry, jetzt Güter Inspector bey Lónyai, ein Mann von der bewunderswürdigsten Thætigkeit und dem Talent sich überallhin den Weg zu bahnen, von Pesth in Geschäften seines Principals*
Principals<,>
von Pesth heute früh an (er brach von Pesth vor 48 Stunden auf), und brachte uns die Nachricht, er habe eine Copie des den Waffenstillstand betreffenden, durch Wimpfen einerseits, andererseits durch Berthier und Andreossy unterschriebenen Aktes gesehen und wahrscheinlich auch gelesen; in diesem sey eine Demarcationslinie bestimmt, welche von Crems an durch Brünn, St János, Pressburg, den Sandhügeln bey Gönyő, dem Flusse Rába etc. etc. bis Fiume fortlauft [!]; und daß die Armee des Erzh. Generalissimus so ganz aufgerieben worden sey, daß Erzh. Karl Sr Maj. beschworen haben soll, den Waffenstillstand coute quil coute*
coute <sich>
zu erhalten trachten. Drey Tage hinter einander soll Sr Maj. der Kaiser dem Schlacht von einer Anhöhe zugesehen haben, und seine Gegenwart hat unsere sehr brave Truppen begeistert: aber den 4ten Tag war sogar Seine Person in Gefahr gerathen. Sr Majestät sind jetzt in Komorn. Erzh. Joseph und Johann waren früher schon in die Gegend von Pápa gekommen, um sich mit dem Banus und J[ohann] M[arquis] L[eutnant] Chastellers zu vereinigen, und so Wien, während daß Napoleon in der Gegend von Marchegg focht, zu überrumpeln. Erzh. Rainer ist von Pesth wieder nach Ofen, welches freylich ein sehr glückliches Omen ist. Was in Petersburg und mit den russisschen Truppen in Pohlen geschehe, weiß niemand, und ich kannengießere nicht gern; audita tantum fidelissime refero, sine additione et diminutione rerum ab aliis acceptarum. Wie sehr diese, so ungeduldig erwartete Nachrichten uns niederschlagen mußten, sehen Sie ein. Doch nicht bloß diese machten den Tag zu einem*
Tag |zu einem| [Betoldás a sor fölött.]
merkw. Tag für uns, sondern auch
1. ein Brief von Baron Anton Barkóczy, geschrieben den Tag vor seinem Absterben, den 24. Jun. aus Komorn. Der Sterbende empfahl dem Comitat seine Mutter, seine Gebrüder, und den würdigen Corporalen Budaházy (aus dem von mir nur 1. Stunde entlegenem Orte Legenye), welcher ihn, als er von einer Kartætschen-Kugel beym rechten Knien durchgeschossen sammt seinem Pferde fiel, auf sein Pferd hob, und durch die Graben der franz. batterie, in die sich Barkóczy zuerst warf, heraushob, und den Verwundeten (bey Raab den 14. Jun.) nach Comorn brachte. Ich stand auf, und machte die Motion, daß wir in dieser Rührung beschließen möchten, daß das ihm und den in eben dieser Action gebliebenen fünf gemeinen Insurgenten aus einer Session unsrer permanens Deputatio verheissene Monument ohne Aufschub*
Monument |ohne Aufschub| [Betoldás a sor fölött.]
errichtet werden solle. Graf Joseph Desőffy stand auf; und schlug vor, den Budaházy dem Palatin zu empfehlen, und da er sehr arm ist, für ihn eine Collecta zu machen, indem wir seinen Muth und seine Treue weder durch eine*
durch |eine| [Betoldás a sor fölött.]
goldene Münze noch durch eine corona civica belohnen können. 800 f wurden gleich zusammen gelegt, und decretirt, Graf Desőffy und ich sollen eine Riß zu dem Monument und Inscriptionen zur Wahl der Congregation vorlegen. Ich versprach die Hefte von Laudons franz. Kunstannalen morgen hineinzunehmen, und sie dem Gr. Dedőffy nachzuschicken, indem er heute abgereiset ist. Auch wird man an die Mutter des gefallenen Rittm. Barkóczy ein*
ein<en>
Condolenz Schreiben nomine Universitatis aufsetzen.
2.) Da Sr Maj. 40,000 Mann durch den Weg der Statution fordert, und überdieß Geld zur Conduction verspricht, so versprachen wir alles; zuerst wird statuirt, dann geworben (Zempl. gibt eine Division, also nun ein ganzes Regiment), und dann wieder statuirt. Ich eile, und kann mich in kein Detail einlassen.
3.) Lónyais Rede*
Rede <wahr>
war sentimentalisch, anfangs mit rhetorischen Floskeln sürchargirt, weiter natürlich, und recht gut. Es macht seinem Herzen Ehre, daß er in das Lob eines sehr würdigen alten Mannes, neben den er vor 10 Jahren als Comitats*
als |Comitats| [Betoldás a sor alatt.]
Fiscal zu dienen begann, sich*
sich <sehr>
gefühlvoll fiel; welches um so schätzbarer ist, da der Mann ohne Glanz war und nicht mehr lebt.
–––––
Daß Graf Festetics Ihr oekonomisches Werk so gütig aufnahm, und Sie so edel unterstützen will, habe ich mit der innigsten Theilnahme aus Ihrem Briefe gelesen. Doch wohl Ihnen, daß Sie von dem „Curiosen Heiligen” (so nannte ihn mir heute wieder ein Mann, der ihn sehr wohl kennt) ziemlich entfernt leben. Ausser Ásbóth kam noch vielleicht nicht ein einziger Mann gut mit ihm heraus.
Hr Alexander v. Berzeviczy, Commissär um die Mutter der Kaiserin, der einst mit Kisfaludy bey der Garde gedient hat, war heute bey der Tafel (beym Speisen, nicht in der Session) mein Nachbar. Er ist Kisfaludys warmer Freund, und war es schon bey der Garde, und zwar wegen seinen literarischen Verdiensten. Er war den 22. Decemb. 1808. in Simegh sein Gast. Rosa Szegedi ist eine verehrungswürdige Frau, mittelmäßig schön, durch Ihren Gatten sehr gut ausgebildet, aber mehr mit den Werken der trocknen Philosophen wie mit den der Dichter bekannt, und hat eine gute Portion von Hypochondrie. Kisfaludy ist wohlhabend, (mittelmäßig reich).
Pips Desőffy saß vis à vis mit mir, und erzählte, er habe an Kultsár für seine Blætter, ein Gedicht, kurz und von der leichtern Gattung, geschickt gehabt, das Kultsár der Aufnahme nicht würdigte, weil das Gedicht nem egyéb mint raptus. Ich habe (sagte Gr. D.) ihm zurückgeschrieben, hogy őneki (dem Kultsár) nincs soha raptusa (denn sagt D. jeder gute Einfall und Gedanke sey ja raptus). Ich lachte herzlich, denn ich kenne sehr wohl den gar sehr sonderbaren Kultsár.
Desőffy hat auch kein Ohr für die deutsche Prosodie. Er hat zu Neapel 1793 im May vor Italienern, Spaniern*
Italienern, |Spaniern| [Betoldás a sor fölött.]
, Englændern, Franzosen, deutsche und ung. Hexameter vorgelesen; diese erkannte jeder, der in dem gelehrten Zirkel sich befand, für Hexam., jene nicht ein einziger. Ich sagte: man müsse deutsche Hexameter mit einem*
mit |einem| [Betoldás a sor fölött.]
deutschen Ohr hören. D. wollte mir expliciren, was eine Sylbe lang und was eine andere kurz mache. Ich berief mich auf Voltaire, daß man für musicalische und poetische Töne nicht Analysen, sondern Gehör nöthig habe, und erzählte ihm, daß mein Schwiegervater, der gar nicht weiß, was ein dactylusscher, jambusscher, trocheusscher Fuß sey, Schillers Spaziergang einmal laut las, und die Füsse*
Füsse <nich>
nie fehlerhaft aussprach. D. beharrte auf seine Behauptung, und wer kann sie ihm nehmen? – Leben Sie wohl.