Széphalom, den 27. 8br. 1808.
Endlich bin ich zu Hause. Ich begann meine Reise nach Pesth, Preßburg, Wien und Oedenburg den 11. Septbr., und kam vorgestern spät in der Nacht an. – Der Weg zwischen Pesth und Széphalom war durch die vielen Regengüsse impracticable geworden, so daß ich dazu volle acht Tage anstatt dreyen nöthig hatte, und einige Stationen mit 6. Ochsen fuhr. (Über die Donau war der Weg trocken, sogar staubig.) Aber so viel Ungemächlichkeiten auch ich auszustehen hatte, so viel mich auch diese Reise kostete, so bin
*[.]in [Átírással javítva.]
ich doch sehr froh, sie gemacht zu haben. Wie vieles weiß ich nun, was ich sonst nicht hätte wissen können! wie viele köstliche Dinge sah ich nicht, welche Bekanntschaften habe ich nicht gemacht! –
Ich sah Commorn 24. Stunden später als dort der Kaiser das Manoevre sich geben ließ, und sah dort alles. H. v. Klobusiczky, Neveu des Gouverneurs von Fiume, that mir die Freundschaft, auf meinem Wagen nach Preßburg zu fahren. Dieser junge Mann ist mit einem Frauenzimmer bekannt, welches einen Offizier zum Bruder und einen Ober-Arzt in Commorn hat. Diese zweye ließen uns alles sehn, was zu sehn war. Die Zahl der Kranken belief sich den 23ten Septbr. auf 5000 Mann. Urtheilen Sie hieraus, was alles dort arbeitet, und was alles so viele Hænde haben schaffen müssen. Wir speisten an der Tafel, wo Offiziere speisen pflegen. Nun noch das Bekanntwerden mit dem Geist der Armeé. Amen dico vobis, Spiritus, ubi vult, flat.
In Preßburg wohnte ich einigen Circular- und Diætalsessionen bey. Man vermißte Joseph Vay, den allgemein verehrten Piloten. Denn daß dieser das Schiff lenkte, und daß nur er es lenken versteht, bekennen ja sogar die, die ihn hassen. – Der Monarch, der schon so viele Landtage hielt, nennt diesen
den schönen L
andtag. So sehr ist er mit unsern Stænden jetzt zufrieden. In einer Circular Session sassen zwey frondeurs hinter meiner, die über jede Rede, die ihnen, den Höfischgesinnten, zu patriotisch klang, ihre bittre, ja grobe Glossen machten. Ich mischte mich in ihr Gespräch. Der eine erzählte mir und den übrigen, er wäre bey Austerliz vier Tage durch um den Monarchen gewesen, und wüßte, daß wir an Napoléon 80,000 f. bezahlt haben, ja, daß wir uns gezwungen sahn, zweyen seyner Deputirten, die Schätze die wir in Schemnitz hatten, vorzuweisen. – Ich merkte mir die 80,000 f und theilte sie in der Rückreise dem
*<mit> |dem| [Betoldás a sor fölött.]
Prof. Schwartner mit. Er sagte, die Zahl sey
*se[.] [Átírással javítva.]
viel zu weit übertrieben, er habe
gewisse data darüber. – Ich enthalte mich aller Bemerkungen über den Landtag und ihrer Sitzungen.
Kaum war ich in Wien angekommen, als man mir sagte, H. Tőkés Hof-Meister bey B. Nicolaus Veselényi, sey eben von Maspurg angelangt. Da ich wußte, daß er auch Paris sah, und ihn von Veselényis Haus her kenne, so trachtete ich ihn aufzufinden, um mir ein glaubwürdiges Bild von Paris und Napoleon geben zu lassen. Er ist von der
*von |der| [Betoldás a sor fölött.]
Gallomanie nicht befallen, aber es ist äusserst interessant, ihn sprechen zu hören. Napoleon wird angebetet. Alles was Klein und alles was Groß ist, das liebt ihn mit aller Ergebenheit. Nur hie und da wittert ein hochgebohrener armgewordener, der wider ihn loszieht. So einen fand Tőkés zu Soissons. Er trug Napoleon mündlich vor, was alles er verlohren habe. Nap. sagte, das Gesetz sey über
ihn, und er könne also nicht helfen. Da er aber das Elend des Klagenden fühlte, so kaufte Napoleon das eingebüßte Gut des Klagenden aus
seiner privaten C
assa und schenkte es ihm. Doch dieser bleibt Napoleons Feind und wenn er ihm Welten schenkte. Er hält seinen Unmuth ganz und gar nicht geheim, weil er weiß, daß er darum ungestraft bleibt. – Einst kam T. mit einem Franzosen zusammen. Dieser fragte ihn, von welcher Nation er sey. Ich bin ein Oesterreicher, sagte T. Quoi? vous n’avez pas honte d’etre Autrichien? T. stellte ihm vor, wie unziemend es einem gebildeten Mann sey eine Nation zu verachten. Aber dieser reihte Geschichten über Geschichten von Oesterreichern her, und schloß damit, daß er ihn für einen Spanier oder Italiener halte. Non, je ne le suis pas; sagte T. je suis Hongrois. – Ah, c’est une autre chose, sagte der Franzos. Nous avons tout le respect pour le hongrois, c’est une nation éstimable, mais malheureuse. – Dieser Vorfall erinnert mich an das, was mit der Baronne Carl Podmaniczky diesen Herbst geschah. Sie kam von Dresden nach Haus. Die Franzosen, denen sie ihren Paß vorwies,
*vorwies, <hatten>
begegneten ihr mit aller Achtung, sagten ihr aber auch, daß sie Sie bis Weynachten bey ihr selbst zu sehen hoffen. – Diese ihre Hoffnung wird sie aber wohl trügen, weil wir alle Ursach zu glauben haben, daß uns der Friede nicht verlassen wird. – In Wien wird täglich manœuvrirt, und an Sonntägen sieht man die Landwehr an den Glacis feuern.
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Sie haben viele N
icht-F
reunde. Ich sage dies Ihnen weil ich gewiß Ihr Freund bin. Man zeiht Sie
*[.]ie [Átírással javítva.]
vieler und grosser Unklugheiten. Ich schwieg, um so
hören zu können. Ihre Unklugheiten äussern sich
erstens in der Herausgabe eines
gewissen Werkes. Z
weytens daß Sie viel Lärm machen. D
rittens daß Sie die Biographie Ihrer seeligen Frau haben drucken lassen, die doch keine Ansprüche auf die Achtung eines Publicums machen durfte. V
iertens darinn, daß Sie der rüstige Schreiber, ihre Schriftstellerey aufzugeben drohten. etc. etc. – Mir ist es sehr lieb wenn ich weiß, was die Welt von mir urtheilt. Ich glaube, auch Sie werden dieses Bedürfniß fühlen, und diese Urtheile werden Sie so interessiren, wie die Nachricht Sie
*[.]ie [Átírással javítva.]
interessirt hat, daß jemand in Patak Sie einer Vermeßenheit zeihte, weil Sie dem Offizier, der nach Arabien reist, Erinnerungen mitgaben. Ich wünsche, daß Sie auch hierüber eben so froh lachen mögen, als über die Pataker Glosse. Wegen No. 1. werden Sie es wohl gewiß. ––
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Für die Geschenke, die Sie mir und meinem Schwiegervater zu machen die Güte hatten, danke ich Ihnen sehr gerührt. Berzeviczys Werk habe ich nicht gesehen, nicht mitgebracht. So habe ich die Freude, dem vortrefflichen Mann auch in diesem Werke zu folgen. – Ich sende Ihnen hier mein Werk. Das Versprechen, daß Sie es recensiren wollen, freut mich ungemein. Ich will nicht Lob, sondern nur Bekanntmachung, damit der Verleger Lust auch zum 2ten Bande habe. Er gibt mir nichts für die Arbeit; ich gewinne nicht einen Heller; ja, ich habe ihm sogar das Portrait gratis hingegeben. Sagen Sie nur recht ausführlich was in den vielen langen Vorreden und Anmerkungen steht. Ich besorge die Bemerkung, daß auch ich alles was ich weiss, auszukramen nicht unterließ, wie es Ungr. Büchermacher pflegen. Es ist wahr; aber ich trachtete die Vorreden und Anmerkungen recht ins lange zu ziehn, damit das Buch etwas stark werde. Lieb wäre es mir besonders, wenn Sie mit guter Art dasjenige dem Publ. vortragen könnten, was Seite XXXV. über den Streit zwischen Verseghy und Révai gesagt ist, wo ich glaube, daß ich mich von einer sehr moralischen Seite gezeigt habe.
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Ich habe Glatz, ich habe Engeln gesprochen. Den letztern kenne ich seit vielen Jahren. Wüßten Sie doch, wie verehrungswerth er sich in einer Audienz bey dem Monarchen betrug, da er für die Freyheit des Geistes sprach. Ich weiß dies nicht von ihm. – Den erstern sah ich erst auf der Kanzel. Ich stand auf einen unrechten Platz, ich vernahm kein Wort; überdies vertrieb mich ein geistloser sehr geschäftiger Kirchendiener, und ein possierlicher Offizier. Der Mann kam in die Kirche während des Gesanges; ein Nachbar theilte ihm das dicke Gesangsbuch mit, und er intonirte den Gesang recht Kalvinisch in dem Augenblick, und doch ward schon die 4te Zeile der 3ten Strophe gesungen. Es ärgerte mich bey einem gebildeten Menschen eine unvernünftige That zu sehn, und ich ging aus der Kirche.
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Cleynmannen hörte ich eine Predigt hersagen. Ich war in extase. Wäre ich in Wien, er sollte mir keine Predigt sagen, wo ich nicht wäre und wenn ich Jude wäre. Er verdient daß ich Ihnen diesen Hochgenuß beschreibe.
Sein langes Gebet vor der Predigt war in Alexandrinern, die er sehr
pathetisch und ohne der mindesten Hæsitation hersagte. Diesem folgte nicht das Pater noster, sondern der Text. Um mich ward eben geplaudert, und so weiß ich nicht, war es aus dem alten oder neuen Testament, der Vers lautet aber so: I
hr wollt die W
ahrheit nicht hören; ihr legt de H
ænde zusammen und *und <jam>
richtet nichts aus; und dann jammert ihr etc. – Er fing an: Ganz so meine Brüder, als wenn der Prophet unter uns lebte. Zeigt jemand eure Mißgriffe, eure Fehler an, so schreit ihr: E
in gefæhrlicher Mann. Steht ein Reisender auf, und zeigt er die Gebrechen der Regierung an, spricht er gar von den Rechten der Menschen, von der Würde der Menschen, dann etc. etc. Sie stellen sich vor wie mir war, als ich dies in Wien, von der Kanzel hörte. Er ergoß sich sehr warmen
*warmes [Átírással javítva.]
Herzens über diesen Text, sprach von Entbehren, welches die
harten Z
eiten nöthig machen, entflammte Patriotismus, welcher
schützen darf und soll was noch zu schützen ist, und schloß mit seinem ewigen
refrain: I
hr wollt die W
ahrheit nicht hören. W
er O
hren zu hören hat, der höre, A
men. – Nie sah ich ein schöneres Auditorium. Alles war Ohr. Ob alles auch alles hörte, glaube ich nicht. Die M
enschen sind
Menschen. Aber ich sah einen jungen Mann, dessen Augen ewig an Cleynmann hingen. Diesen jungen Mann brannte ich zu kennen. Aber er entwischte mir.
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Die Wege sind so schlecht, daß ich Ihren Wein jetzt nicht wegschicken kann. Sie erhalten die 2. Faß erst wenn es frieren wird. – Wir haben die schlechteste Lese, die sich denken läßt. Ausbruch wird gar nicht gemacht, der ordinäre Wein ist schlecht, und sehr wenig. So ist es auch in Preßburg, Wien, Oedenburg,
*Oedenburg, <und>
Pesth und Erlau.
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Gott mache Ihre neue Verbindung so glücklich, wie die meines Kis in Oedenburg ist. Er ist der Gemahl einer stillen, guten, schönen Gattin, und Vater von zwey sehr artigen Söhnen. Mir scheint, der verehrte Mann bedauert seine stille Wohnung auf dem Lande mit der Stadt vertauscht zu haben.
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Mich mahlte Kreutzinger, der
zweyte Porträtmahler unserer Monarchie, in Oehl. Das Bild ist sehr wahr. Es ist wie aus dem Spiegel gestohlen. Nur älter als ich bin, und es hat gar kein Feuer, es ist ganz Ruhe, und das ist nicht in meinem Charakter. Ich nahm einen jungen Mahler, B
alkay P
ál, alt 28. Jahr, gebürtig von Erlau, von Wien herab,
*<mit> |von Wien herab| [Betoldás a sor alatt.]
der sehr glückliche Fortschritte in der Kunst gemacht hat.
Er erweckte die schönsten Hoffnungen um einst sehr groß zu werden. Mit dem ersten Eintritt bey ihm, nannte ich ihm die Namen der Mahler, die die Originale seiner Copien gearbeitet hatten, und er erstaunte darüber so, wie ich über die glückliche Nachahmung. Dieser sagt, mein Bild wird einst ganz gewiß in einer Bilder-Sammlung hängen, denn Kreutzinger hat sich darinn fast übertroffen. Ich will es glauben, denn ich gewann Kreutzingern dadurch
*dadurch <zum>
zu dieser Arbeit, daß das Bild durch Johns Hand gestochen werden soll, welches für einen Mahler das schönste Loos ist. Ich zahlte ihm 24 # für das Brustbild. Dies allein war der Mühe werth nach Wien zu reisen. Mein liebes Weib nahm es für ein sie überraschendes présent an, und gibt dem Bild den Beyfall, daß es überaus
wahr sey.
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Ich habe meine Preisschrift Sr. Exc. dem B. Ladislaus Pronay vorgelesen. Wie das schönste Spiel im Theater so war sie durch ihn und durch seine Tochter, der Frau v. Kubinyi, applaudirt. Prof. Schwartner speiste mit. Sr. Exc. befahlen mir, sie auch ihm vorzulesen. In zwei Örtern hat er sich darüber sehr gestossen. Sr. Exc. befahlen mir nichts zu ændern, es sey nicht anzüglich. Ich werde sie Ihnen mit der vertraulichen Bitte zuschicken, daß Sie sie nicht nur von den barbarismen befreyen, sondern überall wo es nöthig ist sie ganz frey umarbeiten wollen. Zeit lasse ich Ihnen so viel als Sie nöthig haben. Aber schlagen Sie mir die Bitte ja nicht ab. –
Schedius sah ich nicht. Wohl aber den braven Fabry in Preßburg. – Leben Sie recht wohl.
*[Az utolsó szó után aláírást helyettesítő vonal van.]