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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1807. október 17.
Széphalom, den 17. 8br. 1807.

Mein Herr Professor,
verehrungswürdiger, gütigser Freund!
Ich bin erst seit vier Tagen wieder zu Hause; ich habe mit meinem Schwager, dem jungen Joseph Török, eine Reise nach Debrezin gemacht. Als ich ankam, erhielt ich Ihren Grellmann, und heute bringt mir die Post Ihr schätzbares freundschaftliches Schreiben. Sie fühlen, wie sehr ich Ihnen für alle diese Beweise Ihrer Gütigkeiten verbunden seyn muß. – Die 9 f für Grellmann und 4 f für die Continuation des Werks werde ich Ihnen in Kurzem überschicken.
Ich danke Ihnen für die gütige Meinung und das Zutrauen, mit der Sie*
[.]ie [Átírással javítva.]
mich zum Recensiren von Csokonais Lilla und Oden etc. auffordern. Seit ein paar Monathen habe ich nichts gethan, nichts thun können, und nun ist die Weinlese da,*
<vor> |da| [Betoldás a sor fölött.]
und in November macht mich meine Sophie zum Vater. Da sie zu Kázmér, in dem Haus ihres Vaters, niederkommen muß, indem meine Schwiegermutter wegen der Krankheit des Grafen, meines Schwiegervaters, nicht herkommen kann, so sehe ich voraus, daß auch November nihil agendo verfliegen wird, und ich habe viel zu lesen, weil ich große Stöße von Büchern eben erhalten habe. Auch erinnere ich mich, daß ich Csokonais Lieder und Lilla in einen Kisten verpackt habe. Ich will aber sehen, ob ich dazu Zeit mir abgewinnen kann, und*
[.]nd [Átírással javítva.]
ob ich etwas Ihrer Erwartung würdiges hervorzubringen im Stande seyn werde. Sollte es mir gerathen, so werde ich mich sehr freuen Ihnen dadurch einen Beweis geben zu können, wie sehr ich jeden Ihrer Winke zu erfüllen wünschte. Nur müssen Sie freylich sich die Mühe gefallen lassen, mich aus meinen erblichen Sünden zu befreyen. Lava*
<Munda> |Lava|[Betoldás a sor fölött.]
me Isopo, et mundabor! Jetzt bin ich um so mehr*
so |mehr| [Betoldás a sor fölött.]
schüchtern etwas deutsch zu schreiben, da H. Dr. Lubeck in seinen Miszellen über die deutsch schreibenden Ungarn ein so ungelindes Urtheil fällt.
Ich habe in Debrezin wenige Stunden mich aufgehalten, und sah außer den alten Sinay von Debrezins Gelehrten niemand. Dieser lebt noch, und noch immer in der äußersten Dürftigkeit*
<Noth> |Dürftigkeit| [Betoldás a törlés fölött.]
. Sein Weib verzehrt das wenige, was er noch hat, durch den Trunk; einer seiner Söhne ist catholisch worden und ist Consistorial Fiscal in Kaschau; die zwey anderen leben zu Derecske, und sind äußerst verdorbene Menschen. Er selbst vivit siliquis et pane secundo. Ich stieg vor seinem Haus aus dem Wagen, um einen neuen Versuch zu wagen, ob ich durch Geld oder Vorstellungen sein Ms. (Historia Relig. Evang. in Hung.) erhalten könnte. Ich stellte ihm vor, was das Publicum verlöhre, wenn sein catholisch gewordener Sohn, oder sein zweyter, der eine lichtscheue Catholikin geheurathet, oder der dritte, der Soldat war und Bücher weder achtet noch zu schätzen weiß, dieses Ms. nach seinem Tod in ihre Hænde bekämen. Er fertigte mich mit der Antwort ab, daß er es durch Buday in die Bibliothek des Kanzlers Samuelis Teleki abgelegt habe. Ich will darum an den Canzler schreiben, und wenn es an dem nicht wäre, ihm neuere Strategemen spielen. –
Das Gebäude des Collegiums ist nun*
ist |nun| [Betoldás a sor fölött.]
bald aufgeführt. Die Architraven sind schon bezeichnet. Wegen dem Gerüst konnte ich nicht abnehmen, was die Ochsen Augen da machen sollen. Hätte man doch meinen Rath befolgt, und die Zeichnung dahin abgeändert, daß die Architraven nicht durchgebrochen und durch die Fenstereinfassungen der 3ten Reihe nicht berührt werden sollen. Sonst ist es ein imposanter Anblick.
Die Kirche steht fast bis zur Hälfte ausgeführt. Gegen das Collegium hat es flache Pfeiler, gegen die Stadt runde Säulen halb eingemauert .
Ich vergaß die Fußverzierungen der Säulen zu betrachten. Aber freylich wird ein so starkes Gebäude keine Jonischen erhalten, es sey denn daß die Debreziner auch dadurch beweisen wollten, wie sehr sie sich zur Architectur verstehen. – Joseph Császár, den Sie kennen, Prediger zu Vésztő, ist unlängst gestorben. – Man sagt, Buday habe seinen Lehrstuhl verlassen um die Primatie zwischen den Professoren zu erhalten, weil zu Debr. der Prof. der Theol. (nicht wie zu Patak, wo das Seniorat gilt) immer der erste unter ihnen ist. Der Schritt ist paradox. Andre Professoren würden die Catheder der himmlischen Wissenschaft mit einer der weltlichen gar zu gerne vertauschen. Sed qui Episcopatum desiderat, bonum opus desiderat. Buday wird wohl Superintendent, wenn Benedek zwischen die Götter versetzt werden wird.
Ich bedaure sehr, daß Ihre Idée, Prof. der griechischen Sprache bey der Universitӕt zu werden gescheutert [!] ist. Sie hätten dort viel Gutes stiften können, und Ihre Zeitschrift hätte an Interesse viel gewonnen. Wir haben nun bald auch eine Ungrische. Ihre Concurrenz wird das Publicum aufmerksamer auf das, was unter ihnen geschrieben wird, machen, und eine wird der andern gewiß nicht im Wege stehen. Über Kultsárs Hazai Tudósítások denke ich gleich mit Ihnen, vielleicht noch ungünstiger. Diese Schrift hätte etwas gar gutes werden können. Woher die Furchtsamkeit, daß er von dem Landtage nicht einmahl das meldet, was zum Beispiel die Preßburger Zeitung sagt? Ich freue mich herzlich der nun bald zu erscheinenden neuen ungrischen.
Zwischen dem Tajo und der Newa, und zwischen Tunis und Torneo ward wohl noch kein Musenalmanach so erbärmlich gedruckt, als der Ihrige gedruckt seyn wird. Meyer sollte nichts als Catechismus Büchlein drucken. Papier, Druckerschwärze, Lettern, alles ist elend deren, und nun noch der Satz! wo ein Gedicht von dem andern nicht einmahl durch einen Strich abgesondert worden ist, und wo also noch mehr Stanze mit Stanze in einander läuft. Das Publ. wird Ihnen gewiß sehr viel schuldig seyn, wenn Sie durch Ihre Arbeiten diese elendeste aller elenden Buchdruckereyen in Blüthe bringen werden. ––
Ich erhalte eben die erste Lieferung von Göthe‘s Schriften von Cotta. Göthe ist seit meiner Jugend mein Liebling. Ich nahm mir die Mühe die Subscribenten zusammenzuzählen. Es sind 1268. ihrer. Aus Ungarn niemand als Hartleben auf 3 expl. und Cserei und ich = 5. expl! – Wo stehn wir an der Cultur!
Ich verharre mit aller Hochachtung und der innigsten Freundschaft
Mein Herr Professor
Ihr
gehorsamer Diener
Franz Kazinczy.
Die Nachrichten wegen dem Collegialgebäude und der neuen Kirche in Debr. sind nicht für die Annalen bestimmt.