HUN–REN–DE
Klasszikus Magyar Irodalmi
Textológiai Kutatócsoport

Kazinczy Ferenc összes művei
Elektronikus kritikai kiadás

HU EN
Kazinczy Ferenc – Mailáth Jánosnak
Széphalom, 1818. július 22.
Széphalom d[en] 22. Jul.
1818.

Verehrter Graf,
Meine Nachrichten über Ráday kommen spät, und sind doch arm genug. Menschen, die ihr Leben im Schatten des Privatlebens verleben, liefern ihrem Biographen wenige Data, die werth wären, der Welt erzählt zu seyn.
Gedeon Ráday ward 1713. den 1. Octob[er] geboren. – Sein Vater Paul war Kanzler bey Franz Rákóczy II.; seine Mutter hieß Clara Kajali. – Er hatte keinen Bruder. Seinen einzige Schwester Eszther heurathete dem Grafen Ladislaus Teleki, GroßVater des Baro Tabulae, gleichen Namens.
Unser Ráday ward in dem Hause seines Vaters erzogen. Dieser war ein Mann, der auch wegen seinen Kenntnissen und seiner Gelehrsamkeit in Achtung stehen konnte; das Manifest, welches er im Namen seines Fürsten aufgesetzt hatte, und das mit den Worten Recrudescunt beginnt, zeigt von seinem Geist und Kopf. Auch hat er ein Gebetbuch in ung[arischer] Sprache drucken lassen, worin auch Geistl[iche] Lieder vorkommen. – Der Sohn sah die Beschäftigungen des Vaters, und übte sich in prosaischen u[nd] poetischen Arbeiten. Ich habe diese ersten Versuche gesehn, und fand sie für die damalige Epoche unserer Sprache u[nd] Literatur weit besser als seine späteren für die Zeiten in denen wir lebten.
R. ging nach beendeten Studien, wie andere reiche Protestantische Jünglinge, nach Deutschland hinaus. Er hatte schon den Vorsatz gefaßt, eine reiche Bibliothek zu sammeln, u[nd] legte sich auf seiner gelehrten Reise hauptsächlich auf Bücherkunde. Als er nach Hause kam, herurathete er ein sehr würdiges Mädchen, Catharina Szent-Pétery, aus dem Borsoder Com[itat] (ihr Geschlecht starb in unsern Tagen aus). Sie war rein, fromm, und in jeder Rücksicht werth der Wahl eines Mannes wie Ráday. – Liebe, Bau seines Kastells zu Péczel, die Nachbarschaft von Pesth, Besuche der Congregationen des Pester Comitats stöhrten seine Studien, und die Kisten, welche er von seinen Buchhändlern u[nd] Antiquären, Commissären und Correspondenten erhielt, oft wenn er sie auch nicht gefordert hat, lockten ihn von seinem Wege, den er zu gehn gewünscht hat, ewig weg. Horányi und mancher andere legten ihm gelehrte Fragen vor, die er zu beantworten gelehrt und human genug war; dann gab ihm seine schöne Schwiegertochter viel zu schaffen. Kein Wunder, wenn Ráday, trotz seiner ununterbrochenen Studien nie etwas wichtiges hervorgebracht hat. Auch war es sein Unglück, daß er nie an einen Menschen stoßen konnte, dessen Ansichten mit seinen Ansichten von Gleicher Natur waren. Orczy, der General, war Schüler der Franzosen, dem alles gut war, was klang, und etwas Gelehrsamkeit athmete. Teleki József, sein Neffe, war durch Pédanterie steif. Wenn ich meinen Gegnern nicht wieder Anlaß zum Triumph über meine Unbescheidenheit gäbe, daß ich mit*
ich <immer> mit
meiner ICH auch hier wieder vortrette, so muß ich sagen, daß Ráday vielleicht erst in mir denjenigen fand, mit dem er gleichgestimmt sich fühlte. Denn alle Grundsätze und Gesinnungen Rádays sind auch die meinigen: daß wir uns zum Beyspiele nicht nur die lateinischen (alten u[nd] neuen) Scribenten, sondern auch die Schriftsteller der jetzt lebenden Nationen, besonders der Deutschen aufstellen sollen – daß unscandirte gereimte Zeilen, deren ganzer Werth in den Reimen und der Cäsur nach der 6ten Silbe besteht, wenig anlockendes haben – daß Gyöngyösi, manchen schönen Vers, manche schöne Strophe geliefert hat, aber ein unseliger Schwätzer ist, und die Vergleichung mit Zrinyi, der härter ist,*
härter <… …> ist,
ganz u[nd] gar nicht aushält – daß bloß das ein Gedicht genannt zu werden verdient, was in eine andere Sprache übersetzt noch Poesie heißen kann. – Daß Ráday mich trotz des grossen Abstandes geliebt und distinguirt hat, zeigen seine Briefe, die ich in einem Quartband gesammelt habe; aber sprechen Sie, mein Herr Graf, davon ja nichts. Dieses wäre für meine jetzigen Gegner ein gefundener Handel.
Ráday sprach auch bey*
sprach bey [Az „auch” a sor fölé írva.]
Tisch oft von gelehrten Sachen; er glaubte mancher Same falle nicht immer auf Stein, und auch ein einziger Same würde wuchern. Dafür schalt man ihn einen Pedanten, u[nd] manche lustigen Köpfe berührten etwas Gelehrtes bloß darum, damit sie die Freude haben mögen, den gelehrten Alten in seiner Blösse zu sehen. Seine Lehren waren ind den Wind gesprochen. Ich kam 1782. nach Pesth als Juratus, und in seinem Studierzimmer, so wie im Theater, wo er nie ausblieb, genoß ich seinen Unterricht. So oft der Vorhang fiel, gab er mir dramaturgische Vorlesungen, und setzte aus, was und warum gut oder schlecht gedichtet oder gesagt, gespielt worden sey. Unter vier Augen las er mir seine Verse vor, oder wir lasen Arbeiten von andern, um sie zu beurtheilen.
R. schrieb ung[a]r[ische] Hexameter ehe Klopstock seinen Messias in deutschen Hexametern zu schreiben begann. R. hatte gereinigte Ohren, u[nd] fühlte wie geschickt unsere Spr[ache] sey, ihre Rede nach der Prosodie der Griechen zu messen: möglich auch, daß er nach seiner starken Bücherkunde Sylvesters Versuche um 1541. gesehen hat. Ehe Kalmár seinen Prodromus herausgab, war R. mit 3 Gesängen der Zrinyiade des Zrinyi, die er in Hexametern arbeitete, fertig; und 1765. brachte er einen Mahler von Preßburg, der seinen Saal in Péczel mit den Kupferstichen, die Picart zu Ovids Metamorph[osen] gezeichnet hat, ziere. Jedes Stück dieser Wandmalereyen erhielt von ihm einen Hexameter. Auf diese Weise ist Ráday für einen der erstern anzusehen, die uns die griechische Leyer in die Hand gaben: aber seine unbeschreibliche Bescheidenheit, die bis zum Fehler ging, erlaubte ihm nicht, etwas drucken zu lassen. Hinein brach er keine neue Bahn: Baróti Szabó Dávid, Rájnis, Révai, sind die Triumvire, die wir darum für die Lehrer dieser Versification ansehn müssen, weil jeder von ihnen einen ganzen Band solcher Verse gab. Der Glanz bleibt unserm Ráday aber unbestritten, daß er solche Verse arbeitete, ehe Baróti u[nd] Rájnis u[nd] Révai vielleicht noch geboren waren, u[nd] daß er unsere gereimten Verse auch scandiren hieß, was vor Ráday kein Ungar that, und welches unserer Versification doch einen unaussprechlichen Zauber leiht.
R. starb d[en] 6. Aug[ust] 1792. Seine Verse hat wahrscheinlich seine schöne Schwiegertochter vernichtet, denn sie sind nirgends zu finden. Joseph erhob ihn zum Baron, u[nd] Leopold zum Grafen. Dies ist alles verehrter Graf, welches ich über R. zu sagen weiß. – Ich beharre mit der innigster Verehrung
Mein Herr Graf Ihr unterthän[iger] Diener
Kazinczy Ferencz