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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1809. október 29.
Széphalom, den 29. Oct. 1809.

Geliebter Freund!
Ich öffnete heute*
heute <Ih>
den einen Pack, in welchem Ihre Jenaer Lit. Zeitungshefte seit Jul. versiegelt lagen, um Ihnen Nitschs Ms. und einige exemplare meiner gedruckten und erst heute erhaltenen Epistel an Wesselényi beyschließen zu können. Diese zwey Hefte nimmt Ihnen von dem Ujhelyer Markt, der den 2ten Nov. gehalten werden soll, entweder der Kirschner Rasztokay aus Kaschau, oder ein Eisenhændler aus Metzensaifen nach Stooß. Dank, den innigsten Dank für die freundschaftliche Mittheilung. Ich habe aus ihnen recht sehr vieles gelernt. – Ehe ich sie noch versiegle und abschicke, will ich aus dem Hefte, das mit rother Dinte übergossen war, das was dort über*
dort <von> |über|[Betoldás a sor fölött.]
Jamben gesagt ist, ausschreiben;*
ausschreiben; <ich>
es kam mir sehr erwünscht in die Hænde, da ich dieses Monath die Apologie meiner Jamben, in einer Epistel an Berzsenyi, den Dichter, in Jamben geschrieben habe. – Erlauben Sie, daß ich Ihnen sage, was ich hierüber denke.
Die ersten Jamben waren jambi puri
1 2 3 4 5 6*
[A verslábak felett található a sorszámozás.]
 ∪ – | ∪ – | ∪|| – | ∪ – | ∪ – | ∪ | Diese Fesseln schienen den Dichtern unerträglich, und sie wechselten sie mit Spondeen, aber nur in regione*
regione <|im|> <pari>
impari (nämlich im 1. 3.*
[.] [Átírással javítva.]
und*
3. |und| [Betoldás a sor fölött.]
5ten Fuß) ab.*
Fuß) |ab| [Betoldás a sor fölött.]
Horaz tadelt den Plautus und andere Comiker, daß sie Spondeen auch in den*
die [Átírással javítva.]
2ten 4ten und sechsten Fuß Zutritt erlaubten. Doch der Jambische Fuß darf, der Meinung und dem Beyspiele des Horaz nach, durch*
durch<,>
Daktylen und Anapästen, Proceleusmaton,*
Anapästen, |Proceleusmaton|[Átírással javítva.]
wenn der Jambus in regione impari stehen sollte, und in regione pari durch tribrachysche Füsse ersetzt werden. Ich halte nicht dafür. Ich meyne, die Schönheit des Verses äussert sich dem Ohre durch anmüthige Abwechslung der kurzen Füsse mit den langen – und daß ein Vers in welchem wenigstens zwey jambische Füsse mit 3 Spondeischen wechseln, diese mögen dort,*
dort <stehn>
wo sie wollen, – weil aber in unseren*
in |unseren| [Betoldás a sor fölött.]
gereimten Versen das Ohr den Kitzel immer zu allerletzt erheischt – lieber ganz hinten stehn, – weit angenehmer klingt, als der Vers, in welchem Jamben, Spondeen, Dactylen, Anapästen und die Tribrachys: et pedes Proceleusmaton*
Tribrachys: |et pedes Proceleusmaton| [Betoldás a sor alatt.]
vorkommen: daß also
∪ – | – – | – – | ∪ – | ∪ ∪ |
 Szemér|mes bá|torsá|god ál|tal-el
 das Ohr weit mehr kitzeln muß, – als der horazische:
∪ ∪ – | ∪ ∪ ∪ | ∪ – | ∪ – | ∪∪ – | ∪∪
 pavidum | que lepo|rem et ad|venam | laqueo|gruem

So ein Vers, wie dieser horazische, scheint mir nichts anders, als das Gepolter einer verdorbenen Uhr, die ohne Aufhören fortschlägt.
Ich gehe weiter, und sage: Darf in dem schönsten aller Verse, die je erfunden worden sind, im Hexameter, der Spondeus 4mahl nach einander an der Stelle des*
des <Spon>
Dactylus stehn (wie: illi inter sese magna vi bracchia tollunt), so darf er das wohl auch in dem Jambus gegen den jambischen Fuß; denn ein jambischer Vers*
jambischer <Fuß> |Vers|
ist weit anspruchloser als der Hexameter. – Ich weiß, daß in Sachen der Kunst, wider ausdrückliche Regeln der Alten, und wider den Tadel eines Horaz, zu sündigen von vieler Anmassung oder von der Stumpfheit der Organe zeigt. Doch will man eben Beyspiele aus den Alten, so suche man sie im Phædrus:
– – | – – | – – |– – |– – | ∪ –
Qui se | lauda|ri gau*
<...> |gau| [Betoldás a törlés fölött.]
|dent ver|bis sub | dolis – und
Igno|tos fal | lit, no|tis est | deri|sui.

Episteln gehören eben so gut, und noch mehr zu den Eingebungen der Musa pedestris, wie Fabeln. Wenn mir an Zeit nicht gebricht, so schließe ich Ihnen meine Epistel an Berzsenyi bey. – Wollen Sie, so können Sie die Epistel an Wesselényi recensiren. Nur bitte ich Sie, ohne Verstellung, lassen Sie die Sprache der Freundschaft nicht zu laut werden. Ich will meine Epistel an Berzsenyi bald drucken lassen. (Doch möchte ich noch gerne eine zweyte Epistel, auch didaktischen Inhalts fertig haben. Ich habe sie schon in Arbeit) ich wollte sie, diese 3 Episteln zugleich recensirt sehen.
Vor nicht vielen Monathen schwur ich Ihnen den Schwur, wahr geschworen zu haben. Ich schwöre Ihnen dieses von neuem.
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Den 27ten Oct. feyerte ich meinen, das 50stemahl wiedergekehrten Geburtstag. Ich ward 1759*
1759 <zu>
den 27. Oktob. in dem Haus meines mütterlichen Großvaters Franz Bossányi zu Ér-Semlyén im Biharer Comit. geboren, und wurde aus Achtung meines Vaters gegen ihn Franz getauft. (Er war ein würdiger Mann; Kalvinisch geboren, und jung durch Fallstricke seiner Mutter Sophia Péchy und seines nahen Verwandten, des Personals Száraz und gewiß nicht ohne Zwang Catholisch geworden; im Herzen aber blieb er der eifrigste Protestant und der intoleranteste Anticatholik, so daß er unter Maria Theresia oft durch höhere Befehle angehalten werden mußte, die Kirche zu besuchen. Er war Diætal-College seines sehr würdigen Freundes Gabriel Baranyi, der mehr Muth als er hatte, sich geneigt den Protestanten und abgeneigt gegen die Katholiken zu zeigen.) – Dürfte ich mir doch wenigstens 20 Jahre noch versprechen, und Gesundheit und Muth! um endlich etwas zu Stande zu bringen was werth einer Achtung wäre! –
Ich erhielt heute ein kostbares Geschenk vom H. Prof. Sennowitz in Eperjes: gegen 12. Stück Briefe in meine authogr[afische] Samml[ung]. Einer ist von Basedow. – Ein sehr interessanter Brief von Matth. Ráth, in einer stürmischen Stunde über Religions Ceremonien etc. geschrieben. Er ist sehr lang, und an Steph. Fábry gerichtet. – Sennowitz hat mich unendlich verbunden. – Auch ein Brief von dem mir so sehr geschätzten Riecke, damals in Brünn, jetzt in Stuttgard oder Tübingen. –
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Die heutige Zeitung brachte mir die Nachricht vom Frieden, der am 14. October durch Fürst Lichtenstein und Champagny unterschrieben ward. Jankovics in Ofen schrieb mir ein gleiches den 18. Oct. aus Ofen. Diesem nach soll Napoleon uns alles zurückgeben ausser unserm ganzen Littorale, dem Generalat zu Karlovicz, einen Theil von Kärnthen, den Salzwerken von Wielnicka und dem Westgalizien. Wir zahlen 60, Mill[ionen] Franken, und treten mit dem Vice Protector Titel zum rh. Bunde. – Wie wäre dieß möglich!
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Ein junger Medicus aus dem Veszpremer Com. kam dieser Tagen zu mir. Ich sprach ihn im vorigen Jahr in Joseph Martons Wohnung. – Dieser verließ Wien den 19. Aug. und war*
wa[.] [Átírással javítva.]
im Jul. in der Schlacht bey Wagram zugegen. Er that chirurgische Dienste im franz. Lager um unsere Verwundete. Er sah Napoléon auf der schwebenden Brücke vom Pferde steigen, und das überloffene Wasser, das ihm bis auf die Brust reichte, durchwaten. Hier was mir aus seiner Erzählung einfällt, so wie es mir einfallen wird. – So wie die Franzosen nach Wien kamen, wurde Márton gehohlt, daß er die ungarische Proclamen wieder, wie 1805, übersetze. Marais*
[A „Marais” második szótagja felett bizonytalan olvasatú megjegyzés: „et”.]
fragte ihn, ob nicht ein gewißer Batsányi in Wien wäre, dessen Nachbar er 1795 und 6 in Kufstein war. B. wurde gleich gehohlt, und nun ward er Dollmetsch. – 2.) Napoleon stattete bey Zinzendorf eine Visite ab, zum Zeichen seiner Achtung, weil dieser im Ministerium lieber resigniren wollte, als pro bello votisiren. – 3) Napoleon war sehr unzufrieden mit den Ungarn, weil sie seinen Antrag fruchtlos seyn ließen, und erwähnte ihrer in einer Proclame an die Pohlen mit wenig Achtung; er sprach dort heftig und aufgebracht wider die Palffy, Batthyány und Zichy. – 4.) Der Pabst soll noch immer Napoleons innigster Freund seyn. Alles was er unterschrieb, mußte er wegen dem Collegium Cardinale unterschreiben. Er spielte ein verdecktes Spiel mit Napoleon und wollte nach Avignon abgeführt werden. Die Cardinæle sind nun zerstreut, und hoffentlich kommt er nach Rom wieder. – 5.) In Mariazell ward die Thaumaturga im Bilde mißhandelt. Man erzählt manches, was nur erdichtet seyn wird; es klingt trivial; einer von den Kloster Vätern, der*
die [Átírással javítva.]
das Wunderwerk hervorgebracht haben soll, mußte es nun öffentlich machen, und eine Abbitte thun. – 6.) Dem Herzog Massena ward Osterreich mit dem Titel Grand Duc versprochen, und Eugéne zum König von Ungarn bestimmt. – 7.) Colloredo gew[eihter] Primas, ward eingezogen, wegen den aus Salzburg mitgebrachten piæ fundationes etc. etc. – 8.) Viele ungarische Deserteurs im fr[anzösischen] Lager und Dienst;*
Dienst<e>
sie waren ärger als der Feind selbst. – 9.) Weiber Züchtigungen etc. sind absichtlich ausgesprengte Unthaten. – 10.) Somogyi nichts weniger als übel behandelt (Bischof von Stein am Anger), und Rosos (Bischof zu Veszprém) aus Schreken gestorben. Ein ungr. Deserteur führte seine Cameraden zu ihm hin. – 11.) Decsy und Pánczél durch die Franzosen verjagt, und für Unwissende erklärt. Pánczél soll nicht über 3 Karten und gar kein Zeitungs Lexicon gehabt haben. Er unterhielt 3 Freudenmädchen, und trank täglich ein paar Kulacs Wein. – 12.) Georg Festetics wäre in grosser Achtung wegen seinem Georgicon etc. – *
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Ich habe ein schreckl. Jahr erlebt; wenig Frucht, wenig Heu, und in einem Weingarten (dem Ujhelyer, der aus 3. grossen Weingärten in einen umgeschaffen wurde, wo ich auch 100 Faß haben kann) nichts mehr als Ein Fass und 40. Halben, in dem Regmeczer auch nicht ganz anderthalb Fass, erhalten. In Ujhely verkauft man sie jetzt schon pr 40 f. Das wird eine Theuerung geben.*
g[.]ben
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 * Nachtrag.
 13.) Napoleon hat 18 Professoren um sich, die ihm in ihren Wissenschaften Vorlesungen geben. – 14.) Viele Gelehrte sind nach Wien gekommen. Der Chemiker Chaptal und der Metaphysiker Schelling sind auch da.
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 Paul Szemere schreibt mir, Schlegel, der über die Sprache der Indier schrieb, nehme Lectionen in der ungarischen Spr[ache] von Horvát István, Sekretær beym Judex Curiæ. Dieser Horvát ist der so genannte Boldogréti Víg László. Dieß sehe ich aus einem Schreiben von Nicol. Révai an Sr Exc. den Judex Curiæ, wo er ihn bittet, den Horvát ihm zum Adjunctus zu geben, und einst ihm in der Professur der ungarischen Sprache nachfolgen zu lassen. Er schrieb den Brief den 17.*
Brief <in> |den 17.| [Betoldás a törlés fölött.]
Marz 1807.
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