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Verseghy Ferenc – Prónay Simonnénak
Buda, 1810. december 6.
Ofen den 6. 10br 1810.

Gnädige Frau Baronin!
Schätzbareste Freundin!

Ich schloß meinen nächsten Brief in der Eile, weil die Wirtschafterin nicht länger warten konnte, und nehme mir die Freiheit, ihn alsogleich fortzusetzen.
Die Fragen in Betref der Forderungen, die E. G. für den jungen Herrn Baron zu machen gesinnt sind, kann man, glaube ich, auf folgende einschränken:
Wie viel Speisen soll Er zu Mittag, und wie viel zum Abendeßen bekommen? – Ob auch Wein? – Welches Frühstück? – Welche Jausen? – Wie oft soll in der Woche seine Wäsche gewechselt werden? Wie oft soll das Bett überzogen werden? – Wie ist er gewöhnt am Kopfe, und im ganzen Körper gereinigt zu werden? Die Antworten auf diese Fragen sind nicht nur für die Kostgeberin nothwendig, damit sie ihre Gaben sowohl, als auch ihre Mühe schätzen kann, sondern auch für mich, damit ich von derselben*
ich |von derselben| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
alles fordern kann, was zu seiner Nahrung, und Gesundheit dient, und was er zu empfangen bis jetzt gewöhnt*
gewöhnt <ist>
war.
In Betref des Bedienten muß man*
muß <ich> |man| [Betoldás a lap szélén.]
auch wißen: ob er das Kostgeld*
Kostgeld <bekommen>
oder ebenfalls im Hause die Kost bekommen soll. Das letztere wäre mir lieber, weil er unter dem Vorwande*
Vorwande <in sein Kost s[..]>
des Mittagmals, und besonders des Abendeßens viel versäumen, und uns täglich sehr lange allein laßen, ja auch durch schlechte Gesellschaft in einem Wirtshause verderben könnte. Die Zahl der Speisen, wie auch die Maaß seines*
seines <Trunkes>
Getränkes zu bestimmen, wird*
wird <auch>
meines Erachtens sehr*
Erachtens <auch> |sehr| [Betoldás a sor fölött.]
nothwendig seyn.
Seine Schuldigkeiten möchte ich nicht gern auf die Küche, und*
Küche, <ausdehn oder> |und| [Betoldás a sor fölött.]
auf das Einheitzen ausdehnen, Ich wünschte ihn, mehr als einen Kammerdiener des jungen Herrn Barons betrachten zu können. Ihn anziehen, ihm aufbetten, auskehren, seine Kleider ausklopfen, seine Garde-robe in der Ordnung halten, den Tisch aufdecken, servieren, die Stiefeln putzen, ihn begleiten, und wenn ich in die Kirche, oder irgendwohin nothwendigerweise ohne ihm gehen müßte, ihn ja unter keinem Vorwande verlaßen; dieses wären meines Erachtens seine Schuldigkeiten.
Mein Wunsch wäre auch, daß E. G. für den jungen Herrn Baron ein eigenes Service auf 3 bis höchstens 4 Personen gäben; ich meyne ein paar Tischtücher, Servieten, Meßer etc. Gläser; nicht als ob man gesinnt wäre, Gastereien zu halten, sondern weil es sich ereignen könnte, daß jemand solcher von E. G. zu uns mit einer Post geschickt wurde, wie z. B. der Herr Fiscal, der Hofrichter etc., dem man aus Höflichkeit ein Mittagmahl antragen müßte. Ueberdies, wenn der junge H. B. einen besonderen Musickmeister, Tanz – oder Zeichnungs-meister haben sollte, so wird es nöthig seyn, diese*
diese <Herren>
manchmal zum Tische einzuladen. Ich weiß, wie es mit diesen Herrn bei der Comtesse zuging, wenn man sie manchmal in dieser Hinsicht vernachläßigte.
Ich wünsche wahrhaftig vom Herzen,*
wahrhaftig <…> |vom Herzen| [Betoldás a törlés fölött.]
daß der junge H. B. Zeit seines Lebens keinen Arzt brauche. Wenn es aber geschehen sollte, so schlag ich E. G. den D. Krammer, und den Chyrurgus Mayer vor, die meine Freunde sind, und die ich als redliche, und geschickte Männer kenne. Letzterer hält gar keine Boutique, sondern curiert nur wie ein Arzt der innere und äußere Krankheiten. D. Krammer ist schon*
schon <gegen>
über 20. Jahre mein bewährter Freund.
Nun muß ich E. G. etwas auch von meiner Wenigkeit sagen. Der Herr Baron*
Baron <hatte mir>
erklärte mir sehr freundschaftlich, er habe von mir als Erzieher, nichts anderes zu fordern, als daß*
daß <seinen><Sohn seinen ehrlicher Mann, und […]>
ich aus seinem Sohne einen ehrlichen Mann und einen guten Patrioten ziehen möchte. Das übrige überläßt er meinen Einsichten. Diese zwei Eigenschaften sind freilich genug, um*
um <ihn fähig zu machen>
seine wahre Glückseligkeit zu gründen. Aber die Welt fordert von seiner Geburt, und von seinen Talenten auch glänzende Eigenschaften, die man mit dem Worte: Noble Erziehung, kurz auszudrücken pflegt. Die tiefsinnigen Wissenschaften gehören unstreitig nicht darunter; aber desto sicherer diejenigen, die*
die <ich schimmern und>
seinen Umgang angenehm,*
angenehm, <machen>
und ihn schimmern machen. Die Sprachen sind also*
sind <unstreitig> |also| [Betoldás a törlés fölött.]
die Hauptsache bei einem Knaben. Dieses ist der sicherste Weg zu den Kenntnißen der Cultur, und zu der Liebe der guten Sitten zu gelangen, welche die Nationen besitzen, deren Sprachen er reden wird. In Ungarn fordert man von einem guten Patrioten, die Kenntniß der lateinischen Sprache, die ihn zugleich zu der Quelle der europäischen Cultur führen wird. Die höhere Conversation bei den Großen liebt die französische Sprache. Die Musick-Kenntniß ist heut zu tage ein wichtiger Theil der edleren Erziehung, und bildet meines Erachtens das Herz, indem sie ihm milde Neigungen einflößt. Aber die Musick-Kenntniß wird für unvollkommen gehalten, wenn man die italiänischen Sprache vermißet. Dann braucht der angehende Jüngling die Geographie, die Naturgeschichte, die Weltgeschichte, die Geschichte seines Vaterlandes, und zur Schärfung seines Vaterlandes die Rechnung und die Geometrie. Die Bildung seiner Vernunft giebt dann die Physick, seines Herzens die*
die <M>
Ethick, oder die Moral, seines Geschmackes die Aesthetick, wohin auch das Zeichnen und das Tanzen*
Zeichnen |und das Tanzen| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
gehört. Dann braucht er noch die die Oeconomie, die*
die |die Oeconomie, die| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
Kentniß der Rechten, und besonders der vaterländischen, und endlich diejenigen Wißenschaften, die der Stand erheischt, den er mit der Zeit ergreifen will.
Mit mehrere Materien einen Knaben zu überladen wäre sehr unbehutsam. Sein Körper braucht bis sein 16tes*
sein <22tes> |16tes| [Betoldás a törlés fölött.]
Jahr fast mehr, als sein Geist. Nur dieser muß nicht, dem Körper zu gefallen, vernachläßigt werden. Ich glaube also seine Studien in den ersten Jahren auf folgende Art eintheilen zu können.
Elemente der Moral, der Geographie und der Naturgeschichte. Uebungen der ungarischen, deutschen, französischen und lateinischen Sprachen. Rechnung und Musick.
E. G. hatten die Güte mehrmahl zu erklären, daß Ihr Edles Herz mich als Ihren Bruder betrachtet, und daß es nach dem Ableben meines seeligen Freundes, Ihres lieben Bruders, die Erziehung Ihres Kindes nur mir anzuvertrauen wünsche. Ich übernehme dieses Geschäft*
dieses <…> |Geschäft| [Lapszéli betoldás.]
wirklich mit einem brüderlichen Herzen, welches über dieß durch die innigste Ehrerbietung und Freundschaft gegen den Herrn Baron begeistert, nichts so sehnlich wünscht, als Ihm seine väterliche Freuden zu vervielfältigen, den Glanz seiner Familie durch einen neuen Zweig zu vermehren und der Welt zeigen, daß Er sich in der Wahl eines Erziehers nicht betrogen habe. Ich halte mich also berechtigt, von E. G. im Gegentheil eine schwesterliche Versorgung zu erwarten. Wenn eine Herrschaft einen Erzieher aufnimmt, verspricht Sie demselben auf gewiße Jahre die Kost, das Quartier, Licht, Heitzung, Wäsche, Bediengung; zweitens eine gewiße Summe auf Wäsche und Kleider; drittens nach Ablauf der*
der <Ja>
bedungenen Jahren eine Pension, oder eine Anstellung. Dann geben sie sich einen wechselseitigen schriftlichen Contract und so weiter. Wir wollen aber nicht so handeln.
E. G. werden die Güte haben mir mit Ihrem Sohne die Kost, das Quartier, Licht, Heitzung, das Waschen und die Bedienung genießen zu laßen, damit ich*
ich <auf mich keine>
wegen meinen Unterhalt keine Sorgen habe; und das Uebrige überlaße ich gänzlich E. Gnaden und dem Herrn Baron. Können Sie mir etwas mehreres geben,*
mehreres <thun> |geben| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
ohne Sich und Ihren Kindern wehe zu thun, so werde ich es als eine schwesterlich-brüderliche Erkenntlichkeit mit herzlichen Danke annehmen. Im Gegentheil bitte ich auf den Fall einer dringenden Noth,*
Noth, <…>
mich ebenfalls brüderlich an E. G. und an H. Baron wenden zu dürfen. Wie dieser Fall sich ereignen könnte, will ich E. G. kurz erklären.
Während meines Unglücks ist meine Mutter ihrer Capitalien beraubt worden. Ich bin also genöthigt sie sammt ihrem Dienstboten zu erhalten,*
Dienstboten |zu erhalten,| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
der sie pflegt und der*
und |der| [Betoldás a sor fölött.]
unter uns gesagt, in meinem Hause ein unumgänglich nothwendiges Uebel ist, und der*
und <welcher> |der| [Betoldás a törlés fölött.]
mich, mit einem Worte, wünschen macht, abgesöndert zu leben, und für meine Mutter in einer gewißen Entfernung zu sorgen. Die Pension meiner Mutter besteht aus 200, die meinige aus 400 f. Sollte ich die Censor-Stelle nicht bekommen und auch keinen Nebenverdienst haben, so könnte ich mich mit der nöthigen Lein-Wäsche, und Kleidern schwerlich versorgen; ausgenommen, wenn ich nebst den täglichen Meßgeldern, die ich von den Elisabetanerinnen bekomme, mit dem Bücher-Schreiben ein unverhofftes Glück machte, welches in Ungarn kaum zu erwarten ist.
Auf dem Falle also, daß ich die Censor-Stelle erhalte, die mit der Erziehung eines jungen Knabens sehr leicht zu vereinigen ist, will ich Euer Gnaden*
Gnaden <mit der>
außer der oben erwähnten Versorgung*
außer <…> |der| <Kost, Quartier, Licht, Heitzung, Wäsche und Bedienung> |oben erwähnten Versorgung| [Betoldás a törlés fölött és a lap szélén, korrektúrajellel.]
nicht beschwerlich fallen. In dem entgegengesetzten Falle aber würde ich bitten,*
bitten, <mit>
mir durch einige Lebensmitteln die Erhaltung meiner 87. jährigen und unbehülfligen Mutter zu erleichtern.
Ich bitte E. G. meiner Gesprächigkeit in diesem so entsetzlich*
entsetzlich<en>
langen Briefe zu verzeihen. Sie beweiset augenscheinlich, daß es mir Ernst ist, und daß ich in diesem so wichtigen Geschäfte pünktlich seyn will. Wenn mein langer Brief E. G. Langeweile machen sollte, so bitte ich ihn theilweis zu lesen, zu bedenken, und sich dann darüber mit dem H. Baron zu berathschlagen. Die Einwendungen, oder Bedenklichkeiten bitte ich mir ebenso aufrichtig mitzutheilen, wie meine Vorträge aufrichtig sind.
Weil ich überzeugt bin, daß E. G. auch*
G. |auch| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
die Erziehung Ihrer Fräulein sehr am Herzen liegt, so nehme ich mir die Freiheit, hier einen kleinen Antrag zu machen. Die guten Sitten, die richtige Moral, die Haushaltung, die weiblichen Arbeiten, ja selbst das Lesen und Schreiben,*
Schreiben, <und>
können die kleine Fräulein von Ihrer Mama, die Sich ohnehin diesen angenehmen Geschäften gern unterzieht, und sich Ihren Kindern gern widmet, am besten erlernen, Ein Musick-Meister, und ein französischer Sprachmeister werden für dieselben nothwendig seyn. Was aber das Wißenschaftliche anbelangt, in diesem will ich E. G. an die Hand gehen. Den ersten Unterricht für den jungen H. B. werde ich ohnehin schriftlich geben, und so einrichten, daß es auch für ein junges Fräulein paßen soll. Diese Schriften werde ich E. G. rein abgeschrieben mittheilen. Sie werden den nöthigsten und zugleich nüzlichsten Auszug von der Moral, Naturgeschichte, Geographie, Weltgeschichte, ungarische Geschichte, Rechnung, Physick, Wirtschaft, und Aesthetick enthalten, die E. G. also sehr gut benutzen können. So können E. G. meines Erachtens eine Gouvernante sehr leicht vermißen.*
Naturgeschichte, |Geographie, Weltgeschichte, ungarische Geschichte, Rechnung, Physick, Wirtschaft, und Aesthetick enthalten, die E. G. also sehr gut benutzen können. So können E. G. meines Erachtens eine Gouvernante sehr leicht vermißen.| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]