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Verseghy Ferenc – Prónay Simonnénak
h. n., 1810. december 4.
Den 4. 10br 1810.

Gnädige Frau Baronin!
Schätzbareste Freundin!

Für das mir und der Ossitzky*
Ossitzky<.>
überschickten Schmalz küßen wir Euer Gnaden die Hände. Gott lohne Ihr es! sagte sie mit Thränen in Augen; Gott lohne Ihr es! sagte ich mit der innigsten Dankbarkeit. Mit Freuden ergreifen wir gewiß eine jede Gelegenheit, unsre Erkenntlichkeit zu bezeigen.
Mir wäre es unendlich lieb gewesen, wenn ich Euer Gnaden sammt dem Herrn Baron in meiner Wohnung zu sehen, die Ehre gehabt hätte. Manches, was ich in Betref dieser Wohnung*
Wohnung <im Bezug auf unseres Vornehmen>
sagen werde, wäre viel einleichtender gewesen. Die erste Gelegenheit bestehet aus zwei Stuben mit einem Antichambre für einen Bedienten, und mit einer kleinen Küche. Diese bewohnen die Ossitzkischen. Dann kommen zwei Stübchen mit einer geräumigen Kuchel, welche ich bewohne. Neben mir sind widerum zwei größere Zimmer auf die Gaße, und ein kleineres auf den Gang mit einer Küche, und mit einer Speisekammer; welche ein lediger pensionirter alter Major bewohnt. Ein Garten beim Hause. Die Aussicht ist auf Pest, und vom Gange auf die Waßerstadt, Altofen und Waitzen. Die Luft ist nicht so scharf, wie in der Festung, und viel reiner, als in der Waßerstadt, weil das Haus auf dem Festungsberge frei steht.
Erlauben E. G. daß ich nach dieser kurzen Beschreibung meiner Wohnung auf unser Vorhaben hinüberschreite. Wir sind genöthigt, dieses unter uns bis Ende Januarii ins Reine zu bringen, wenn ich auf Georgi eine sichere Wohnung haben will; weil das Aufsagen, oder wenigstens die Abänderungs-Verträge in Betref der Wohnungen in demselben Hause, wo ich jetzt bin, den 2ten Februarii geschehen müßen.
Mein erster Antrag war, das Quartier des Majors für den jungen Herrn Baron, für mich, und für meine Mutter zu nehmen, und in die Kost zu den Ossitzkyschen zu gehen. Außerdem aber, daß das letztere dem Herrn Baron nicht anständig ist, wären auch zwei Zimmer für den jungen Herrn, für mich, und für den Bedienten nicht genug.
Mein zweiter Antrag gieng dahin, daß ich in dem nemlichen Quartier des Majors die Kost durch meine jetzige Köchin besorgen*
<…>|be|sorgen [Betoldás a törlés fölött.]
will. Aber außerdem, daß auch in diesem Fall für den jungen Herrn, für mich, und für den Bedienten nur zwei Zimmer übrig blieben, muß ich auch gestehen, daß ich von dieser ungeübten und wunderlich-alten Köchin nicht viel Wohlgeschmackes*
[.]ohlgeschmackes [Átírással javítva.]
erwarte. Ich habe sie seit dem ich diesen Antrag E. G. gemacht habe,*
sie |seit dem ich diesen Antrag E. G. gemacht habe,| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
auf ein paar Proben gesetzt, und sie ist ziemlich schlecht bestanden. Suppe, Rindfleisch, zugemüß, und Braten waren es, was sie mir bis jetzt nach der Leitung meiner Mutter gekocht hat. Was aber das Eingemachte, die feineren Mehlspeisen, oder Köche anbelangt, die doch ein Kind, wie der junge Baron ist, nothwendig haben muß, in diesen ist sie, wie ich nur sehe, ziemlich unbewandert. Ueberdieß müßte sie auch noch einen besondern Dienstboten haben, welcher ihr im Abwaschen, im Herumlaufen, und in der Wäsche an die Hand ging, und deßen Erhaltung sehr kostspielig ist. Endlich müßte ich in diesem Falle meine Sorgen auf die Erziehung, und auf die Haushaltung theilen, weil meine Mutter zu alt ist, als daß sie der*
de[..] [Átírással javítva.]
Haushaltung vorstehen und die Küche regieren*
vorstehen |und die Küche regieren| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
könnte. Darf ich E. G. auch das noch sagen, daß die alte Personen beim Kochen sowohl, wie auch bei der Tafel gewöhnlich unrein sind?
Die dritte Art uns zu arrangieren wäre die, daß ich das Quartier des Majors nur für den jungen Herrn, für mich, und für den Bedienten nehme, und eine besondere Köchin halte, die aber wegen der Wäsche und wegen Abwaschen sicher wieder ein Kuchelmensch haben wollte. Diese Art wäre*
wäre <nicht nur wegen der größer Zahl der Zimmer, sondern auch wegen der Köchin, und ihren Dienstungs>
sehr kostspielig; und ich müßte wahrhaftig mehr auf die Haushaltung, als auf die Erziehung schauen. Ueberdies würde ich mich auch mit einer jungen Köchin den bösen Mäulern, und mit einer alten der unreinen Bediengung, und Kuchelzäubereien Preis*
Kuchelzäubereien <bloß> |Preis| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
geben.
Nachdem die Sachen so stehen, so bitte ich E. G. inständig sich mit dem H. Baron zu beratschlagen, ob mein erster Antrag mit folgenden Abänderungen nicht annehmbar werden könnte?
Die Ossitzkyschen räumen uns ihr Quartier, wo ein geräumes Zimmer, ein kleineres, ein Antichabre, und eine Kuchel ist, und das weniger kostet, als die Wohnung des Majors. Das größere Zimmer, welches vor sich das Antichambre hat, wäre unser gemeinschaftliches Studierzimmer, wo ich auch schläfe; das benachbarte kleine Zimmer wäre das Schlafzimmer des jungen Herrn. In der daran liegenden kleinen Küche, die auch einen besonderen Ausgang auf die Stiegen hat, könnte der Leibstuhl*
könnte |der Leibstuhl| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
des jungen Herrn, und die Säuberungs-Geräthschaften des Bedienten seyn. Meine Mutter blieb in meiner jetzigen Wohnung. Die Ossitzkyschen bekommen jene des Majors, der im Hause eine andere Wohnung*
Wohnung <bekommen>
beziehen könnte. Was die Kost anbelangt, diese würden*
diese <könnten> |würden| [Betoldás a törlés fölött.]
wir von der Ossitzky nehmen, mit*
nehmen, <unter> |mit| [Betoldás a törlés fölött.]
der Bedingniß, daß sie uns die Speisen in unser Zimmer schicken soll, wo ich also mit den jungen Herrn ganz abgesöndert speisen würde. Dieser wäre ja ebenesoviel, als die Speisen von einem Tracteur nehmen, mit dem Unterschied, daß unser Tracteur im 5ten Zimmer im nehmlichen Haus, und auf dem nemlichen Gang wäre, der also die Speisen durch unseren Bedienten brühheiß und ganz gemächlich liefern könnte. Die nemliche Ossitzky würde auch die Wäsche und die Reinigung des jungen Barons übernehmen; und ich hätte gar keine Sorgen, als nur die einzige Erziehung. Ich bin überdies, vollkommen überzeugt, daß die Ossitzky aus Ehrgefühl, aus Freundschaft, und aus Erkenntlichkeit, ja sogar aus dem edlen Triebe der Rechtschafenheit, welche Eigenschaften die Köchinen wohl nicht haben, den Wünschen des jungen Barons, und seiner Guten Eltern sowohl, wie auch den meinigen, als Oberaufseher der Bedienung, die der junge Baron haben soll, zuvorkommen würde.
Hier ist der Ort, wo ich etwas in Betref des Preißischen Sohnes um die Ehre dieser meiner Freundin zu retten, sagen muß. Nachdem dieses Kind von seinen Professoren und Instructoren als ein unbündiger Dummkopf erklärt worden ist, beklagte sich seine Mutter gegen meiner Freundin einigemal, daß sie mit ihm nichts anfangen könne. Die Ossitzky schlug ihr vor, seinen Unterricht mir zu übertragen. Sie ergreif den Rath ganz hastig; aber sie hatte nicht Muth genug, mich anzusprechen. Die Ossitzky war es, die mich dazu beredete. Anfangs gieng der Bube täglich zum Eßen nach Hause, und weil ich dem Ossitzkischen Kinde nur Abends Lectionen geben konnte, nahm er an denselben Theil, und übernachtete bei der Ossitzky. Für die Wohnung, für das Frühstück, und für ein wenig Abendsuppen zahlte die Preiß ein Bagatell; und mir gab sie 200 f. Als sie nach Pest zog, gab ihrem Kinde die Ossitzky auch die Kost ohne Wäsche, weil der Knabe höchst unrein war. Sie zahlt aber, obschon die Zeiten täglich schwerer wurden, meiner Freundin, sammt den Geschenken kaum 250 f. jährlich. Was kann man für eine so geringe Summe in Banc-Noten fordern? Ueberdies war meine Freundin den ganzen Tag die Martyrerin der spitzbübischen Unbündigkeit des Knabens, der auch mir entsetzlich viele bitteren Stunden verursachet hat. Denn wie er in dem ersten halben Jahr so gut lernte, daß sich alles wundern mußte, so blieb er die ganze übrige Zeit ein ungelehriges Thier. Nur vor einem jeden Examen konnte ich ihn einige Täge mit Versprechungen*
Täge |mit Versprechungen| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
dahin bringen, daß er die Antworten auf die Fragen halbweg erlerne. Ich und meine Freundin waren genöthigt zu klagen; aber die Mutter*
aber <sei> |die Mutter| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
achtete mehr auf die lügenhaften Klagen des Knabens, der schlau genug war seine Mutter unter der Hand wider die Ossitzkyschen Kinder, und selbst wider die Ossitzky einzunehmen.
Nun mögen E. G. selbst beurtheilen, ob da in Betref meiner Freundin und dem Preißischen Kinde der nichts anderes, als ein gefreßiger und höchst unbündiger Thierchen war,*
Kinde |der nichts anderes, als ein gefreßiger und höchst unbündiger Thierchen war,| [Betoldás a lap szélén, korrektúrajellel.]
auf den jungen Baron eine für sie nachtheilige Anwendung Plaz haben könne?
Nun folgen noch einige Fragen in Betref der Forderungen, die E. Gnaden für den jungen Baron zu machen gesinnt sind; nemlich:*
nemlich: <Wie viel Speisen zu Mittag, wie viel zum Abendeßen? Welches Frühstück: Ob auch Wein? und wie viel? Wie oft soll in der Woche die Wäsche gewechselt werden? Wie oft soll das Bett überzogen werden? Was soll er als Vesper-Brod, oder als sogenannte Jaussen bekommen? Wie ist er gewöhnt, am Kopfe, und im ganzen Körper gereinigt zu werden? Wie wird die Schuldigkeit des Bedienten bestimmt? Ich wünschte,> |NB. Istud emmisit pro sequenti littera| [Lapszéli betoldás az áthúzott szakasz mellett.]
Eben erhalte ich von E. G. den mir unendlich schätzbaren Brief von Nándor de dato*
den [Átírással javítva.]
1. Dec. 1810.*
1810. <Ich |er|sehe daraus mit Freuden, daß alles gesund ist, aber>
Ich bedaure, daß E. G. und unser lieber Papa sich nicht wohl befinden; hofe aber, daß dieses nur kleine Anfälle sind, die*
die <sich>
ihren Ursprung von dem schlechten Wetter haben, und die sich bald, wie ich sicher hofe, heben werden. Meine Beratschlagungen sind noch nicht zu Ende; ich habe noch in Betref unseres Vorhabens viel, sehr viel, aber lauter Dinge zu sagen, die E. G. überzeugen werden, daß ich an ihrer Mütterlichen Sorge wegen der Erziehung Ihres geliebten und einzigen Sohnes den innigsten Theil nehme. Die Fortsetzung werden E. G. bei der nächsten Gelegenheit bekommen. Die Wirtschafterin kann nicht länger warten, und ich bin genöthigt mich von der angenehmen Beschäftigung zu reißen, die ich*
ich <finde>
darin finde, wenn ich auch entfernt bezeigen kann, wie*
wie <sehr ich>
hoch ich es schätze, zu seyn
E. G.
ergebenster Diener