HUN–REN–DE
Klasszikus Magyar Irodalmi
Textológiai Kutatócsoport

Magyar írók levelezése
Elektronikus kritikai kiadás

HU EN
Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1810. december 9.
Széphalom den 9 Xbr 1810.
Wer ist der, wegen seinem Finanz Project arretirte Baron
Carl Kolbielszky?
Theurester Freund!
Drevenyák flog zu die [!] Götter hinauf. So viel ist gewiß, daß er nicht mehr lebt. Schade daß er todt ist: er ward schon so groß; wie groß würde er noch geworden seyn! – Da ich von einem Sterbefall spreche, so lassen Sie mich sagen, daß auch Adam Szirmay zu Tolcsva, Gemahl der Baronne Therése Podmaniczky, den 1 Xbr., so wie Baron Paul Luzsinszky, wohnhaft bey uns zu Szécs Keresztúr, den 2ten, beyde in Sand und Stein, gestorben sind. Adam Szirmay hinterließ zwey Söhne, Anton und Adam, und eine Tochter, die Frau von Kosztolányi. Die Kinder des Luzsinszky sind noch nicht emancipirt. Er wird wenig Jahre über die Vierzig gehabt haben, aber Szirmay war 63 J[ahre] alt.
Habe ich Ihnen schon geschrieben, daß der Autor operis: Hungaria in Parabolis, sich von seiner Ehefrau, Francisca Baronissa Ghilányi, in seinem hohen Alter getrennt habe? Er wohnt bey seinem einzigen Sohn*
Sohn <Joseph>
aus der ersten Ehe, Joseph, eine halbe Stunde von seinem vorigen Wohnorte. Seine lebende Frau erbrach seinen Kasten, und fand da das Testament. Da sie sah, daß der Vater dem Erstgeborenen favorisirt, (dieß that er nicht ungerecht, denn dieser hat nach der Mutter eine schmale Succession erhalten; auch läßt der zweyte Sohn wenig Hoffnung übrig daß er je heurathen wird, da ihn ein Landtag in seiner ersten Jugend zu dem Stand eines Ehemannes ganz untüchtig gemacht hat) – so zerzankte sie sich mit ihm, und er fand für gut, sich endlich Ruhe zu schaffen; sein ganzes Leben war bey dieser Frau eine lange Verkettung von Qualen. – Was Sie mehr als alle diese Nachrichten interessiren wird, ist, daß ich seine Autobiographie jetzt für mich copiere. Bis er lebt, soll diese nicht bekannt gemacht werden.
Eben erhalte ich den Oktoberheft der Wiener-Annalen. Ich erkannte den Recensenten von Fejér.*
Recen|senten von Fejér| [Betoldás a sor fölött.]

Kézy ist mit Ende Octob. in Göttingen angekommen. Heyne’s erste Worte waren: Scivi te ad nos venturum; dic quibus modis inserviam tuis commodis. Er fand in Prof[essor]. Mayer einen Mann, der ungrisch kann. Dieser gab Kézy den Wink, daß Ungarns Büchermacher ihre Arbeiten der Universitæts Bibliothek schenken sollten. Ich will es thun sobald ich Gelegenheit habe, und schicke auch die Horazische Episteln unseres Kis, so wie seine eigene Epistel an mich, dorthin.
Wenige Tage ausgenommen, verlebte ich den ganzen November in Gesellschaft des größten Ungars: Joseph Vay. Es war mir schwer so lange ausser dem geliebten Kreise meines Weibes und meiner Kinder zu seyn, aber ich kehrte reich beladen zurück. Er erschien den 3ten Nov. zu Szőlőske, um bey der Copulation seines Sohnes mit meiner Cousine Sophie Kazinczy, die Prof. Nagy den 4ten verrichtete, gegenwærtig zu seyn. Den 17ten war die Consummatio Matrimonii; beyde Acten ohne Gepränge und Gästen. Mein Onkel machte mir den 20ten, als wir eben bey Tisch saßen, den Vorschlag, sie nach Zsolcza zu begleiten, und der Hofr[ath] drang in mich. Sophie kam nach dem Essen zu unserer Thalie, die noch immer an ihren Vierzigern leidet, zurück, und ich fuhr den folgenden Tag in dem Wagen, in welchem die zwey Alten, der Hofr[ath] und mein Onkel, saßen, nach Zsolcza. Baron Niclas Vay, der General, und jüngerer Bruder des Hofraths, erwartete uns den 22sten zu Mittag. Wir blieben den Rest des Tages bey ihm. (Bey Fackeln führte uns dieser zu dem Keller, welchen er eben graben läßt. Dieser ist ohne Gleichen. Sie, Mineralog, werden mich aus wenig Zeilen verstehen.) –
Major Tihavszky war 1804 zu Golop, wo der General einen Theil des Jahres wohnt, seine andre*
and[...] [Átírással javítva.]
Wohnung ist zu Zsolcza. Dieser Major dirigirte einige Jahre die Canonengießerey in Neapel. Als sie im Hof herumgingen, sah der Major von ungefähr einen weißen Stein. Wo kommt dieser Stein her? fragte er. Auf sein Dringen, spazierte der General mit ihm zu dem Berg, der sich am Ende des Dorfs, eine halbe Stunde von Tálya, erhebt. Er heißt Somos, und ist fast rund um mit Reben bebaut.
Man ließ nachgraben, und Tihavszky, der den Vesuv und Aetna gesehen hat, declarirte den Berg für einen Vulcan. Der General nahm Proben nach Wien und Pesth mit, und die Proben wurden durch alle die, die sie sahn, für vulkanische Production erkannt. Nun ließ der General einen Keller anlegen, der schon 75 Klafter lang ist, und noch længer werden soll. Er ist*
ist <ohn>
etwa zwey Klafter hoch, und so breit daß 4 Reihen*
4 |Reihen| [Betoldás a sor fölött.]
Fässer, wie die sind, die wir hier haben,*
haben, <...>
Platz*
[..]tz [Átírással javítva.]
darin haben können. Der Keller ist weiß, als wenn er mit Kalch bestrichen wäre; nur sieht man hie und da einige mit Ruß gefüllte Ritze, welchen Ruß ich für verfaultes Holz halte. Ich nahm von diesem Staub oder Ruß etwas mit. Die weiße Erde scheint fett zu seyn, als wäre sie eine alte Seife. Welch ein Gewinnst ist dieser Keller so nahe bey Tálya, und für den Grundherrn von Golop! – Die Generalin Baronne Jeanette Adelsheim, Niece des Oberstforstmeisters im Badenschen, (mein Bruder, der Oberste, hat ihn gekannt, und sagt, er sey der erste Mann nach dem Großherzog im Land) eine Frau von 3 bis 4 und dreyßig Jahren, ist die Krone von Ungarns Frauen; schön, gut, und sehr gebildet. Sie ward mit der Kayserin von Rußland, der ci devant Königin von Schweden, und der Königin von Bayern erzogen; spricht und schreibt excellent ungrisch; und ihre Kinder, Miklós 9 Jahr alt, und Lajos, 7 J[ahr], sind die Modellen für Kinder. Der General erzieht sie zu Haus. Ein Szabó war ein paar Jahre auf seinen Kosten in Heidelberg, und ist jetzt bey Pestalozzi.)
Wir kamen den 23sten in Zsolcza an. Den 24sten erschien der General um uns die Visite zurückzugeben, und kehrte den 26sten nach Golop, wo mein Onkel, die Tante und ich den 27sten wieder übernachteten. Den 26sten hielt Joseph Vay eine Superintendenten Conferenz zu Miskolcz und lies*
[A ’lies’ helytelen alak, ’las’ lenne helyesen.]
uns den Aufsatz vor, aus welchem eine Repræsentation gearbeitet werden soll, wider den Befehl, daß protestantische Prediger bey jeder Copulation untersuchen sollen, ob die Brautleute nicht catholisch hätten erzogen werden sollen. Die ist so excellent, daß ich den Aufsatz gleich dort copierte. Es ist mein Credo et Confiteor. Der größte Unterschied (heißt es darin) zwischen der kath[olischen] und den zwey ewangelischen Kirchen besteht darin, hogy ez a’ lelkiisméreten semmi erőszakot meg nem szenved; und wenn dieser sehr weit und breit ausgeführter Satz kalvinisch ist, so ist auch Socinus und sogar Voltaire Kalviner. Der Aufsatz war applaudirt. Er wird den 3. kalvinischen Superintendentien und an Peter Balog abgeschickt, damit sie gemeinschaftlich um den Widerruf dieses edicts anhalten sollen.
In Nov. arbeitete ich nichts, als eine Epigramme über das Gemählde von Correggio aus der Bildergallerie in Wien: Io und Jupiter. Es ist eines der schönsten Gemæhlde des Belvedere, und ward auf Kosten von Joseph durch Bartolozzi in London gestochen. Es ist 4 Schuh*
Schuh <...>
hoch, und 1½ *
1½ <bis 2>
Schuh breit. Ich erhandle eben eine sehr glückliche Copie von der nehmlichen Größe. Io, ein sehr schönes Mædchen, sitzt gegen den Zuschauer mit Rücken; dieser sieht nur ein paar schön geformte Πυγή, den linken Schenkel, und eine durch ein accident de lumiere erhobene Wade. Der Gott ist in einen aschgrauen sehr dichten Nebel gehüllt, so daß man von ihm nichts als das Gesicht und die Finger, der rechten Hand, die das Mædchen an den Lenden ergreifen, sieht. Das sitzende Mædchen erschrickt von dem Kuß, den ihn ein Ungesehener andrückt, und reißt den Kopf zurück, so daß der Zuschauer außer dem schönen Körper auch eine schöne Physionomie erblickt. Das Bild ist excellent gedacht, motivirt, und ausgeführt. Hier die Epigramme.

Elvesztem! ’s ah, lyányka, tebenned*
tebenned<,>
vesztem-el! E’ csók,
Melly ajakidra nyomúl, engem is elragadott.
Félre te Mennyrázó! fordúlj, szép lyányka, ’s ölelj-meg;
Szedje az emberi lyány’ csókjait emberi száj.

Ich bin verloren! ich habe mich, Mædchen, in dir verloren. Der Kuß, welcher deinen Lippen angedrückt wird, hat auch mich mir entrissen. Weg, du Himmelerschütterer! Kehre dich, schönes Mädchen, und sinke mir in die Arme! Die Küsse des menschlichen Mædchens pflücke der menschliche Mund! – Alles freundschaftliche an Kis und ihre Familien. –