Buda, 1795. június 5.
An meine Cousine Honorata Kazinczy.
Geliebte Cousine!
Theure Honorka!
Eben war dein – u[nd] nun auch mein verehrungswürdiger Vater mit meinem Bruder Dienes bey mir. – Theures geliebtes Weibchen, erlasse mir mein sonstiges Geschäft, das Trauren, in diesem mir feyerlichen Augenblick, u[nd] wische dir die Thränen ab, u[nd] freue dich mit mir! – O des glückl[ichen] Augenblicks, im Kerker! mit Schande bedeckt, einen so liebevollen Onkel zu sehen! so unerwartet! so ohne Hoffnung dieses Glückes theilhaftig zu werden! H[onorka]…! ganz fühle ich die Last, die über mich schwer liegt, fühle es mit dem Bewustseyn es verdient zu haben; fühle die Grösse der Schande, die ich über mich, meine Bluts- und Namensverwandten gezogen habe, u[nd] bin für mein Vergehen unendlich bestraft. Ich will eure Liebe, eure Achtung, u[nd] die Achtung der Welt wieder zu erlangen trachten, will trachten gut zu machen was ich jezt verdorben habe.
Du bist so gut, geliebte Cousine, meinem ewig verhrenden Onkel, unseren gemeinschaftlichen Vater für seine rastlose Verwendung, Mühe, Angst u[nd] Sorgen auch in meinem Namen zu danken. Ich that es selbst, aber thue es auch du; wir können es nicht zu oft. Welche Wohlthat des Glückes ist es einen Onkel mit diesem Herzen zu haben!
Empfehle mich den Gnaden deiner guten Mama, u[nd] küsse mir deinen braven Mann, u[nd] den Stephan. Mein Vergehen hatte sogar auf den Kurs des Stephans Einfluss, da ihn der Onkel wegen meinen Fall nach Pesth zu legen jezt unterliß. Ach des fatalen 29. Junii 1794! Ewig wird der Tag mir ein schwarzer Tag seyn. Doch er bessert mich u[nd] macht mich klüger.
Ich habe den Onkel manche Fragen wegen meine Verwandten gemacht, aber nichts besonderes vernommen. Das Haus zu Laßtócz glaubte ich vermehrt worden, allein noch soll es nicht seyn. Von dir, Theure, mache ich diese Frage gar nicht. Honorka, Honorka! Wo bin ich? wo rieth ich hin? U[nd] woher reißt mich die Gnade des mildesten Monarchen zurück !
Grüsse mir, wenn du zu Berető bist, deinen Onkel u[nd] Tante, die Frauen v[on] Szirmay und die Boronkay Gáspár u[nd] empfehle mich Ihnen allen zur gütigen Erinnerung! – Wir lebten manche seelige Stunden, theure H[onorka]…! u[nd] ihr habt es nicht von mir verdient daß ich euch diese Thränen gebe! – War es nicht das leztemahl da wir uns sahn, da sogar die Leute von deinem Papa, Gatten u[nd] Gästen Gesundheiten tranken? Da glaubte es keiner von euch, die ich damals so froh unterhielt, dass ihr über mich bitter weinen werdet. – Adieu, theure Honorka! Bete Gott um meine nicht spät erfolgende Erlösung. Ich umarme dich und deinen vortrefflichen, geliebten guten Gatten. Ofen, d[en] 5. Jun[i] 1795.
Franz.