Ujhely, den 12ten August 1830.
Mein theurer geliebter Freund,
Ich danke Ihnen herzlichst für die freundschaftl[iche] Theilnahme, welche Sie über mein hartes, unverdientes Loos äussern, und den Rath, den Sie mir darüber ertheilen. Was aus mir und meinen vielen Kindern werden wird, weiß Gott. Endlich muß es doch brechen. −
Daß das exemplar meiner Sz. Hajdan Gyöngyei von dem Schreiben an Sr Eminenz den Cardinal wegblieb, ist die Schuld meines Commissionärs in Pesth. Ich habe an ihn wieder geschrieben, und ihn gebeten, das exempl. Sr Eminenz zuzuschicken. Solche Verstosse geschehen, wenn man andre zu Ausführungen unserer Geschäfte anrufen muß. Auch Sie haben Ihr exempl. und das Geld noch nicht erhalten. Auch diesetwegen habe ich meine Freunde in Pesth ersucht. — Sogar Erlau hat die dorthin bestimmten Exempläre noch nicht erhalten.
Warum ich die
Perlen in einer poetischen Prosa und nicht in Versen gab, habe ich in den letzten Zeilen meiner Vorrede dargestellt. So etwas in Hexametern zu geben fordert fast so viel Kraft und Zeit, als es zu schreiben. Gessner gab seinen
Tod Abels in Prosa, und es läßt sich auch so lesen, und manche prosaische Übsetzg der Ilias ist gelungener und gibt das Original weniger unausstehlich als manche Übers. in Hexametern. Ich will gar nicht läugnen, daß versificirte Poesie
*<poetische Arbeiten> |versificirte Poesie| [Betoldás a törlés fölött.]
in Versen wiedergeben
*<übergegeben> <|[..?]|> |wiedergeben| [Betoldás a törlés fölött.]
werden müssen, so wie es besser ist ein schönes Oehlgemählde in einer Copie in Oehl als in einem Kupferstich zu besitzen: aber es kommt bey dieser und bey jener immer darauf an, wie die Copie gearbeitet ist. Nur das muß ich zu dem Glück meiner Übersetzung sagen, daß Sr Exc. der Patriarch Erzbischof meine Übersetzung noch in MS gelesen habe.
Ich habe Bowrings Übersetzungen magyarischer Gedichte mir kommen lassen. Manches ist trefflich übersetzt, aber die Wahl der Stücke nicht ganz glücklich und was er von uns. Sprache und unserer Liter. sagt, strotzt von Irrthümern. Bowring hätte diese Einleitung noch im MS an irgend jemand von
uns, und das nicht bloß an irgend einen ungr. Schriftsteller, sondern an einen unserer Dichter schicken sollen, und noch besser nicht an
einen, sondern an mehrere, daß sie sich über den Werth des Aufsatzes äussern sollen. Dr. Schedel hat Bowring in London gesprochen, aber das Werk war schon gedruckt. − Wie gut wäre es, wenn Ihr Freund Rischel die Übsetzung ungr. Gedichte, welche Graf Mailath gab, durchsehen und manche Stücke neuarbeiten wollte! Ich hätte z. B. gewünscht, Bowring hätte meine Ode
The Beloved *(Der Liebling) [Megjegyzés a szó fölött más kézzel, más tintával.]
S. 60. nach meinem Original, und nicht nach Mailáths Übsetzung gegeben. Der Ton
*Geist [Megjegyzés a szó fölött más kézzel, más tintával.]
ist ganz falsch wiedergegeben. — Hingegen gesteh ich, daß das epigramm
Távoly vagy mindég, ’s mindég közel, Idda. Szemem lát,
Hall fülem; ah, de karom, Idda, hijába keres.
S. 68. excellent wiedergegeben ist.
Ever absent, ever near;
Still I see the, still I hear;
Yet I cannot reach thee, dear.
und daß die Frösche S. 52 besser sind, als in meinem Original. — Schedel sagt mir, daß die Frösche in England mit Beyfall aufgenommen wurden. Ich hörte das mit einer Art von Satisfaction, weil ein gewisser jemand*
** anderes Horváth [Megjegyzés a lap alján más kézzel, más tintával.]
dieses Epigramm als das Werk der Narrheit in einem Heft der Tudom. Gyüjt. angeführt hat. Das omnia cantat, omnia ornat mag manchen von unsern Dichtern nicht allerliebst in den Ohren geklungen haben, und der
nicht eitle Mann, mit dem Bowring im Briefwechsel steht,
*(Döbr.) [Megjegyzés a szó fölött más kézzel, más tintával.]
muß sich unangenehm berührt gefunden haben, daß von mir mehr Stücke übersetzt wurden als von ihm. — So etwas könnte uns zur Besinnung bringen.
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Den 5ten Aug[ust] wurde hier der 29 jährige Graf Anton Mailáth, Enkel des Ministers und Sohn des Camerae Praeses, zum Obgesp. installirt, ein Mann, der einst Minister werden kann. Auch diesmahl wurde es mir zur Pflicht gemacht, darüber die Anzeige für die Zeitungsblätter aufzusetzen, die aber ohne Revision dorthin durch mich abgeschickt sind. Vielleicht werden auch Kézys Verse in den Zeitungen abgedruckt. Ich wünsche daß Sie diesen Aufsatz lesen. Auch die ungr. Aufschrift-Verse sind von mir; mit dem einen dieser bin ich nicht ganz unzufrieden, und ich fand, was ich nicht erwartet habe, daß sie fast allgemein Beifall erhalten haben. Das Gerüst zur Illumination hatte eine lapidar Inschrift auch von mir, die gut wirkte
MAILATH
GYÖRGY, AZ IKTATÓ
ANTAL, AZ IKTATOTT
in dieser hier stehenden
Tafel war der eine Vers
in 6 Zeilen von mir.
ZEMPLÉNYNEK ÖRÖMADÓJI.
Die durch Lampen illuminirte Buchstaben waren 3 Schuh lang. und der Effekt war brillant und imponirte. — Sie finden auch diese Verse in dem Zeitungsblatt. Der Assessor der kön. Tafel Szerencsy sah mich beym Mittags Essen, wo ich meinen Sitz oft änderte, um mit manchem Bekannten sprechen zu können, und rief mich zu sich, und sagte: Uram Bátyám, ezt itt ki írta, nem is tudakozom. Das im italien. Metastasiosch. Geschmack gearbeitete Compliment hing als ein Riesenspiegel auf der mit Tannenzweigen tapezirten Wand, wo bey der einen Tafel der installirende Personal, bey der andern der installirte Obgesp. praesidirten, und Szerencsy winkte mit den Finger darauf, als er mir das Wort sagte. Die jetzt ungrisch lernende Frau unseres Obgespanns B. Vay Miklós, geb. Freyin Gaimüller, hat diese Verse, als ich Sie dem Obgesp. zugeschickt hatte, auswendig gelernt. — Vor 10 Jahren noch hätte der Vers bey der Menge nicht eines Menschen Beifall erhalten. Wir schreiten gewiß vor; aber gestehen wir auch, es ist einmal Zeit, daß wir vorschreiten. —
Die Rede des Personals hat uns allgemein, aber niemand so sehr als mich entzückt. Er sprach ganz im Gefühl seiner Würde, ohne oratorische Floskeln, in voller Ruhe, und seine Rede war bespickt mit ungesuchten Neologismen, kivívtuk az idők ostromaiból — das durch mich geschaffene szerény (modest) etc. — Viele von unsern Assessoren konnten sich in der zahllosen Menge von gratulanten zu dem Installans und dem Installatus nicht drängen, besonders da der Personal sich hier nur einen Abend und einen Tag aufhielt, und ich habe Döbrʼs göttliche Drangsucht nicht; unterdessen war ich so glückl[ich], daß der Personal mich bey Teleki Josef, den er in seinem Quartier besuchte, sah, und lange genug sprach, auch über Kézys Verse sprach: es ist bekannt, daß der Personal ein grosser Freund der classisch. Literatur ist, und daß er bey der 2ten Tafel ebenso nach Verdienst praesidirt, als der Einzige bey der ersten.
Mit Graf Teleki, Dezsőffy, Vay Abr. und Gr. Georg Andrásy war es mir kaum möglich in dem Gedränge zu sprechen, und herzlich freue ich mich, daß D. mit mir über sein Zajbaj nicht sprach. Ich habe meine Freunde gebeten, daß Bajza den Grafen schonen wolle, aber mein Bemühen war fruchtlos. Noch weiß ich nichts, als daß Bajza ihm gewiß antworten wird. — Auch das ist Döbrʼs Sünde. Seine gränzenlose Eitelkeit sah sich hier gestraft, wie er es nicht geträumt hatte, und er sieht hier am rathsamsten, zu schweigen; dafür läßt er andre zu seiner Wehr sprechen. — Wenn Döbr. auch durch diese tüchtige Lection nicht klüger ward, so kömmt noch mehr über ihn.
Leben Sie wohl, mein theurer Freund.