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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1809. november 6.
Széphalom, 6. Nov. 1809.

Theurester Freund! Nun erhalten Sie die drey Päcke mit Ihren Büchern durch die Marktleute aus Kaschau. In meinen Briefen, die diese Päcke enthalten,*
[...]halten [Átírással javítva.]
habe ich Ihnen schon für Ihre Freundschaft gedankt, aber ich danke Ihnen dafür so oft ich an diese Päcke denke; sie haben mich zu vielen neuen Ideen geführt, mich über manches aufgeklärt, belehrt.
Was sagen Sie zu dem Frieden? – Er ist sehr theuer, und doch sehr wohlfeil erkauft. Dieß hätte ich mir nicht versprochen; und wiewohl wir in unsrem Manifest keinen Anstand nahmen, heraus zu sagen, dass*
wass [Átírással javítva.]
wir den Krieg beginnen; wiewohl die Proklame des Erzh. Johann an die Tyroler sie erinnert, daß Er sie, schon 1805, als sie schieden, tröstete, bald wieder beysammen zu seyn: so läßt mich doch dieser Friede mehr als alles andere sehen, daß Nap. Ernst [!] sey bey Versicherungen, daß er mit Eroberungssucht fälschlich beschuldigt werde. Freylich haben wir den Frieden theuer erkauft, und wer weiß was noch alles in den geheimen Artikeln stehn mag: aber danken wir Gott für die wiedererlangte Ruh, und für den Besitz dessen was uns nicht verloren ging, was uns verloren ging und doch wieder zurückkam. Es ist schwer und demüthigend, daß wir an Frankreich vieles, und – Frankreich an uns nichts verlieren; aber Frankreich garantirt uns unseren Besitz, läßt uns unsern Rang, dessen Verlust uns doch schmerzlich gewesen wäre, und sichert uns, nicht noch mehr zu verlieren. Utinam tandem aliquando claudantur belli portӕ.
Sie fühlen, mein theurer Freund, was ich Ihnen alles schuldig bin, und wie sehr gerne ich jeden Ihrer freundschaftlichen Befehle vollziehe, wo ich sie vollziehen kann: aber ich muß Ihnen gestehen, daß mich die Rec. von den Regék und Pápays Werk in Verlegenheit bringen. Wäre das nicht, so hätte ich längst gethan, was Sie gefordert haben. – Himfy weiß, daß ich seine Szerelmei recensirt habe, er weiß auch, daß ich von seinen Regék ganz anders als Takács, Er [!] selbst, und Graf. Jos. Eszterházy denke. Über Papays [!] Werk ist ein heftiger Streit zwischen den Pápaianern und Boldogréti Vígh László (Horvát István, Secretær bey dem Judex Curiæ) entstanden. Es wird hier schwer thun, so durchzuschlüpfen, daß man seyn Gewissen nicht verletze. – Unterdessen wir wollen schon sehen, wie ich mich mit meinem Gewissen abfinden kann; durch unverschämte Verläugnung der Wahrheit (– diese ist ja nicht immer objectiv; sehr oft subjectiv –) gewiß nicht, ich will nichts loben, als was ich gut finde: nichts tadeln, als was mir schlecht scheint; doch man kann ja Lob und Tadel mäßigen, ohne der Wahrheit ungetreu zu seyn. Noch dieses [!] Monath sollen Sie beyde von mir erhalten.
Was Sie mir von Schlözer erzählen, hebt mein Herz so, daß ich ihm gerne die Hand küssen möchte, stünde sie vor mir. Wie froh bin ich, einen Brief von dieser heiligen Hand zu besitzen! der Kuß wird nun der*
der <Hand ge>
Schrift gereicht. – Der Mann hat vieles mit Nikolaus Révai gemein gehabt. Wäre dieß nicht, hätte der eine und das andere das Unrecht, so wie sie es gefühlt haben, auch gefühlt? – Aber Heroismus ziemt freylich nur Heroen. Die dies nicht sind, und den Heroismus doch spielen wollen, machen sich*
sich <wenigstens>
noch unglücklicher, und sehr oft noch lächerlich dazu. Habemus exempla in promptu.
Unter Sztricsák habe ich kein Individuum gemeint, sondern das ganze veræchtliche genus gemalt. Ihnen schien der Genannte darum es zu seyn, weil er auch zum genus gehört. Freylich steht er dort oben*
<...> oben
an. Das saubere Volk ist überall zu finden. Auch um Sie herum.
Schreibt Kultsár ironische Blätter, oder wie soll ich mir das expliciren, daß Lónyais und Dioszeghys Reden No 34. S. 260–264 mint a’ polgári ékesen szóllás példáji angeführt worden sind? – Lónyai hat viel Talent, viele erworbene Kenntnisse, viele Erfahrungen. Aber diese Rede fiel nicht anders aus, als wenn er gerade besoffen damals als er sie schrieb, gewesen wäre; und er trinkt doch nicht. „Ég, föld összveszakad, nem lehet a’ magyar földön csúszó ’s mászó”. – Mein Gott, mein Gott! warum haben die vielen Sztricsáks mir den schönen Glauben geraubt! – denn es war eine Zeit, wo auch ich so geglaubt habe.
Den 29. 8br. erhielt ich von meiner Epistel an Wesselényi einige exemplare aus Pesth. Vitkovics schickte sie sie mir in seinem Namen und den*
de[.] [Átírással javítva.]
Namen der drey anderen, welche die Epistel haben drucken lassen. – Vitkovics that noch mehr: er schrieb mir aus dem Jul. Hefte die ganze lange Recension meiner Marmontelschen Erzählungen aus, und theilte mir einen Brief des Professors Nic. Révai an den Judex Curiae Ürményi mit, in welchem er diesen bittet, den Horvát István ihm in der Professur zum Adjuncten zu geben, und nach seinem Tode folgen zu lassen. Révai bekennt in diesem, daß unter dem Namen Boldogréti Víg László dieser Horvát István stecke. – Ich werde mit erster Post an Vitkovics antworten; ihm danken, und ihm zurückschreiben: Die Rec. trage unverkennliche*
unverkennliche <Zeich>
Spuren an sich, daß sie nicht eines einzigen, sondern vielmehr Vieler*
einzigen, |sondern vielmehr Vieler| [Betoldás a sor alatt.]
Arbeit sey; daß ich manche Belehrungen für gegründet erkenne; daß mich Beyfall der Guten hocherfreut, aber daß ich Recensionen für nichts anderes, als gedruckte Einzeln-Urtheile ansehe, und auf Weyhrauch so wenig erpicht bin, daß ich vielmehr wünschte, daß dieses Werk in einer andern Lit. Zeitung durch irgend jemand, der mein Freund nicht ist, recensirt werden möchte. Ein schlechtes Buch gewinnt durch eine erhebende Rec. nichts: ein gutes Buch verliert*
Buch |verliert| [Betoldás a sor fölött.]
durch eine ungerechte Rec. wenig. Übermäßig einer so schmeichelnden Rec. kann sich nur kindische Unerfahrenheit oder Eitelkeit freuen.
Ráths Brief (hievon mehr in dem Pack) ist über Religionar Zeremonien, und ist mir äusserst wichtig. – Doch jetzt leben Sie wohl. Ich schrieb Ihnen diesen Brief in einer ruhelosen Stunde. Nun fliege ich zu meinem Weibchen, und zu meine zwey Töchter, um die Stirne zu entwölken. – Wenn meine Leute mich im Schreiben stören, dann zittert von meinen Augenbraunen der grosse Olymp auch, wie von denen des Jupiter bey Homer. Ich bin nie leichter zu beleidigen. –