HUN–REN–DE
Klasszikus Magyar Irodalmi
Textológiai Kutatócsoport

Kazinczy Ferenc összes művei
Elektronikus kritikai kiadás

HU EN
Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1808. november 23.
Széphalom, den 23 Nov.
1808.

Mein sehr theurer Freund!
Bis jetzt leben Sie in den Armen Ihrer neuen Gattin. So ist es kein Wunder, daß Sie nur für diese, nicht auch für Ihre Freunde leben. Ich tröste mich wegen Ihrem Schweigen mit der Hoffnung, daß die Reihe auch an diese kommen wird, und sehe froh dem Augenblick entgegen, wo Sie wieder auch Freund seyn werden können und wollen.
Kézy fragt mich in einem heute erhaltenen Schreiben, wie es geschieht, daß die Chronik der Schule zu Patak in den Intelligenzblatt der Annalen noch nicht erschienen sey. – Ich explicire mir das sehr leicht. Wenn doch die Leipziger Liberaler dächten!
Prónay ist den 28ten Octob. todt. Sie fühlen mir nach, was ich litt als ich die Nachricht las. 12 Tage darnach, als ich bei ihm war, ist er entschlafen. Meine Nation wird lange keinen ehrwürdigern Greis sehen.
Der nehmliche Tag – darum ist mir sehr leid – starb auch Tertina zu Gyula. Dies schreibt mir der gutmüthige Polygraph Perecsenyi Nagy László, der im Chor der Büchermacher noch weniger ist wie in seinem Comitate, – aber wegen seinem ich möchte! Achtung verdient. Trost für die Welt, daß T. keine schlechte Verse mehr macht, und sie durch das Eindrängen zu die Corporationen der gelehrten Gesellschaften, so wie durch seinen viehischen Trunk und viele imposturen nicht mehr ärgern kann. In seinen jüngern Jahren war er aller Achtung werth. Er hat sich überlebt. Schade um seinen Kopf oder vielmehr um sein Gedächtniß und dem*
das [Átírással javítva.]
Talent, zu Kenntnißen und Büchern zu kommen.
Mich überfiel beym Lesen des Berzeviczyschen Werks ein schauerliches Gefühl. So viel Talent, so viel Cultur, so viel Fleiß, und – SO zu denken! Man hat sich über eine Note von Ihnen in einem gewissen Werke gestossen, und man rechnete Ihnen auch dieses zur imprudenz. – Nun lassen wir den prudenten ihre prudenz. Wie sticht Berzeviczys Äusserung mit Ihrer und meiner imprudenz zusammen! Der Schutzgeist meiner Nation gebe, daß B. ein falscher Profet befunden werde! –
Meine Preisschrift ist noch immer bey dem saumseligen Buchbinder.
Seit den 13. Nov. habe ich den Bruder meiner*
meine[.] [Átírással javítva.]
Schwiegermutter Grafen Cajetan Rogendorff, bey mir. Er will seyne alten Tage bey uns verleben, da die Zimmer in dem nicht kleinen Gebäude zu Kázmér so abgetheilt sind, daß er dort nicht bequem wohnen kann. Er gefällt sich bey Sophie und mir, und wir sind mit einem solchen Gast sehr wohl zufrieden: Er géniert nicht, und läßt sich nicht génieren; hat sehr viel Cultur, spricht viele Sprachen, auch englisch; und ist ein Mann vom schönsten Ton. Er war Gubernial-Rath in Mayland 30. Jahre lang, und 6. in Venedig. Müde des ihn und seinen Erzherzog verfolgenden Schicksals ward er im 60sten Jahr Priester, dazu geweiht durch seinen Cousin den Fürsten Salm, Erzbischof von Gurk. Sie können sich vorstellen, wie angenehm meine Abende in seiner Gesellschaft vergehen, besonders da er keine Karten spielt, was ich nicht leiden kann, so wie auch mein Weib es nicht spielt. Er ist für die lärmende Freuden abgestorben, aber so geschwächt, daß er bey jeder rührenden Szene oder Erzählung Thränen weint. In den Wissenschaften sehr wohl gewiegt, hat mir nichts angenehmers geschehen können, als daß er sich zu mir flüchtete.
Als ich ihm neulich aus den ungr. Zeitungen erzählte, wie Gr. Ignaz Festetics dem Vater des Dichters Kis, der sein Unterthan ist, wegen der Erziehung eines solchen Sohnes mit dem freyen Genuß der Colonical-Session ad dies vitae beschenkt hat, als ich ihm sagte, Kis sey so edel und ohne der Narrheit sich seyner Condition*
Condition <mich>
zu schämen, daß er mir diesen Vorfall den 12. 8br. bey seinem Tisch in Gegenwart seiner liebensw. Frau erzählt hat, als ich ihm sagte, ich habe diesetwegen an den mir ganz unbekannten Ignaz Festetics ein Dank Compliment geschrieben, so rannen ihm die Thränen durch die Wangen. – Der Mann, der über so etwas weint, ist nicht schlecht.
Ich habe*
habe <Ihnen>
die 2. Faß Wein bey Ihrem H. Cousin in Kaschau den 17ten Novbr. ablegen lassen. Ob sie gut sind, weiß ich nicht. Die Weine von 1807. sind gut nicht. Aber zum Tischwein werden sie doch, hoffe ich, nicht übel seyn.
Ich verharre mit aller Hochachtung
Ihr
gehorsamer Diener
Franz Kazinczy.