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Johann Friedrich Seivert (Seivert János Frigyes) – Kazinczy Ferencnek
Nagyszeben, 1818. február 23.
Hermannstadt 23. Februar 1818.

Ihre wertheste Zuschrift vom 30. Jänner, die mir erst den 20. Februar zu Händen gekommen, hat mich eben so sehr gefreuet, als über Verdienst geehret. Gewiss schäze auch ich Sie guter, edler Mann! nicht minder hoch als der Ruf sie hebt, freue mich das Vergnügen gehabt zu haben, Sie persönlich kennen zu lernen, und bedaure nur, dass unser Zusammenseyn von so kurzer Dauer war. Einen Mann, wie Sie, wünscht man in seinem trauten Zirkel zu geniessen, aber Sie waren für uns nur ein vorübereilendes Meteor, das in einem Hui erscheint und verschwindet.
Verbindlichst danke ich Ihnen für die gütige Erinnerung an meine Bitte und für die Bemühung sie zu erfüllen. Aber der böse Herr! der sie fruchtlos lies. Nein, ich zweifele, dass er Sie so lieb haben könne, als Sie glauben; da ja Gute nur von Guten recht geliebt werden. Indessen ist nichts verlohren. Das Verzeichniss jener urkundlichen Schriften ist, wie ich unlängst erfahren habe, auch hier, ich werde trachten es zu erhalten, und – fänden sich wirklich entwendete Originalurkunden darunter, sollte dann die alte Rechtsregel: ubi rem meam invenio nicht mehr gelten?
Ihr thätiges Streben, Licht in Ihrem Vaterland zu verbreiten und Ihren Zeitgenossen nüzlich zu seyn, das aus Ihrem Brief hervorleuchtet, gereicht Ihnen nicht zu geringem Ruhm. Der Himmel gebe sein Gedeihen dazu. Von dort werden ja einige Strahlen auch ultra silvam herüberschiessen und nach Euler’s Gesezen das Licht fortpflanzen. Auf Dank und Lohn rechnen Sie nicht, den trägt der Rechtschaffene in seinem Busen. Seyen Sie für Ungarn das, was Sonnenfels für Oesterreich war; und der wurde belohnet. Nur einige Männer hieher, von so regem Geist und Eifer für’s Gute, wie Sie sind, wie viel könnte auch hier gewirkt werden! Aber in Ungarn ist die Morgenröthe schon angebrochen; hier ist noch nebelichte Dämmerung, hie und da ein schwacher Nordschein, quod latus mundi nebulae etc. Einige in Ihrem Schreiben geäusserte Gedanken würden hier als falsche Münze auf’s Pult genagelt werden; wie viel haben Sie schon gewonnen, wenn sie bey Ihnen kursiren. Langsam nur gehen der Menschheit unter gewissen Klimaten die Augen über ihren Vortheil auf. – Siebenbürgen sollte weniger verdorben seyn als Ungarn! Wie das? und worin? ich sorge Sie haben bey Ihrem schnellen Flug durch’s Land nicht tief genug geblickt und sind von einer schimmernden Aussenseite ein Bischen getäuscht worden.
Ihre ethnographischen Briefe über Siebenbürgen bin ich sehr begierig zu lesen. Sobald ich erfahre, dass sie die Presse verlassen haben und sie mir zu Gesicht kommen, so lege ich die Hand darauf, es möge die Original-Ausgabe oder die Uebersetzung seyn. Um das Böse, was von meiner Nation als Nation gesagt werden kann, ist mir nicht bange, noch viel weniger ist mir um das Böse bange, was Sie von ihr sagen werden. Sagen Sie aber doch etwas, was die Probe nicht hält, dann – können Sie nur Gott danken, dass ich kein Schriftsteller bin. Meine Nation ist – ich fühle es – von einigem Werth; die ungrischen Könige haben ihn erkannt, unter ihnen hat sie geblühet; von einer Epoche her welkt sie mit nach und nach ab. In ihrem eigenen Mark haben sich fressende Würmer erzeugt, und von Aussen wird ihr immer mehr Erdreich abgegraben. Kein rechtlicher Mann kann sie tadeln, ohne sie zugleich zu bedauren. Gegen die Quellen, aus denen Sie Notizen geschöpft haben, kann ich nichts einwenden, ich ehre und achte alle die genannten Männer; aber kein Tröpfchen haben Sie aus einer Quelle des Sachsengrundes geschöpft, und Sie kennen doch die Optik des menschlichen Hertzens und wissen, dass der Forscher nur in der aristotelischen Mitte das Wahre, sowie alles Gute und Schöne findet. Est inter Tanaim quiddam socerumque Viselli.
Schade genug, dass unser Siebenbürgen so wie den Wienern auch den Ungarländern noch so ziemlich eine terra incognita ist, da doch wohl nicht wenig daran läge, es näher zu kennen; aber sehr lustig wäre es in der That, wenn es sogar siebenbürger Ungern gäbe, welche die sächsische Nation, die schon über 600 Jahre im Lande sizt, und wahrlich, Zeuge der Geschichte, nicht zu dessen Nachtheil gesessen ist, noch nicht für einheimisch hielten, nachdem sie die Armenier für hazafiak erkennen.
Sie verlangen von mir einige Nachricht von unserm sächsischen Nationalmuseum. Die Bibliothek zählt gegen 16/m[illia] Bände. Gantz vorzügliche Seltenheiten enthält sie eben nicht. Von den typographischen Inkunabeln besitzt sie einige aus den ersten Jahren der 70ger. Das kostbarere Antiquitäten Fach ist gut besezt, und in der Geschichte fehlen wenige bedeutende scriptores. Unter den Manuskripten befindet sich ein lateinisches auf feines Pergament geschriebenes Gebetbuch in 4o, den Schriftcharackteren nach aus dem 15. Jahrhundert von 666 Seiten, das durchaus mit eben so schönen, als ausserordentlich fleissig und mühsam gearbeiteten Miniatur Gemälden geziert ist. Die Bildersammlung nimmt 15 Zimmer ein und bestehet aus 1092 Gemälden. Die Mineralien und Fossiliensammlung füllt 8 Kästen und ist besonders an siebenbürgischen Goldstuffen reich. Das Münzkabinet enthält sammt den Dubletten, die sich unter den römischen Consular- und Kayser-Münzen befinden 18/m[illia] Stück. An dem Katalog arbeitet ein Mann schon von 20 Jahren her, und noch ist er nicht vollendet, und in’s Reine gebracht. Sie werden finden, dass dieser Zeitraum mit dem Fleiss des Arbeiters nicht in gleichem Verhältniss stehe. Noch hat das Museum auch einen Kasten mit Antiken, sowie eine kleine Gemmen Sammlung, die aber nicht von so grossem Belang sind.
Weiter verlangen Sie von mir eine Biographie von dem Stifter dieses Museums. Nun die kann ich Ihnen so im Geschwinden nicht entwerffen. Wohl einige Hauptzüge und Umrisse. An Skanderbeks Säbel erkannte man den Mann, der ihn führte.
Baron von Bruckenthal hat andere Dinge hinterlassen, in denen sich sein Geist den Nachkommen darstellt. Aus einem adelichen Geschlecht zwar aber hülf- und mittellos hat er sich durch seine eigene Kraft und durch das seiner Monarchin abgewonnene verdiente Vertrauen zu der höchsten Ehrenstuffe des Landes hinaufgeschwungen. Maria Theresia ver-trauete ihm als Protestanten das siebenbürgische Staatsruder an, und als Protestanten verlieh ihm Joseph II. das Grosskreuz des h. Stephan-Ordens zur Belohnung seiner Verdienste. Die Hof- und Landes-Archive zeugen, was er für sein Vaterland und für das Haus Oesterreich that. Die Palläste, die er erbauete, die Gärten die er anlegte, das vorerwähnte Museum, zu dessen Vermehrung und Gemeinnüzigmachung er einen Fond von 36/m fl. stiftete sind redende Denkmäler für ihn. Er war gebohren im Jahr 1721 und starb im Jahr 1803. Möge ein Biograph Bernstorfs kommen und mit seiner Meisterhand diese skizzirten Umrisse ausmalen.
Rumi’s Monum. Hung. sind hier noch nicht zu bekommen, daher habe ich auch Ihre Vorrede dazu noch nicht gelesen. Sobald ich ihrer habhaft werde, will ich sie lesen, und dann sehen, ob ich das finde, wovon Sie schreiben, dass ich Sie würde verstanden haben.
Ihr Graf Desöffy ist ihrer Schilderung nach ein seltener Mann, da so verschiedene rühmliche Eigenschaften in ihm vereiniget sind. Wenn ich einmahl das Glück hätte nach Ungarn zu kommen, so würde ich Sie wohl bitten, mich, als Ihren Freund ihm bekannt zu machen: denn ich will durchaus, dass Sie mich unter Ihre Freunde und Schäzer zählen, wenn ich auch die Reihe beschlösse.
Leben Sie nach Wunsch wohl! und beehren Sie mich mit Ihrem gütigen Andenken.