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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1810. június 7.
Széphalom, den 7. Jun. 1810.

Theurester Freund!
Wie unendlich ich mich über Ihre Berufung nach Oedenburg freue! – Geben Sie Ihr Jawort, und zögern Sie nicht. Sie sind dort auf dem Posten, wo Sie sehr viel Gutes werden wirken können, wohin Sie immer geziehlt haben; sind unter Menschen, welche wissen werden Sie zu schätzen, welche Sie so sehr zu sich gewünscht haben; werden nahe an Wien seyn, welches für Ihren literärischen Ruhm und Ihr weiteres Glück viel ist, und sind von der schönen aber kalten Gegend der Karpaten, aus dem rauchenden Kessel von Schmölnicz unter einen mildern Himmel versetzt, sind vom Priesterrock und der unseligen Mühe armen, ungebildeten Schmölnitzern die Weisheit, die vom Himmel stieg zu predigen auf die allerschönste Weise und, wie ich hoffe, wünsche, auf ewig befreyt. Ich bitte Sie, schreiben Sie den Oedenburgern sobald es rathsam seyn wird, daß Sie Ihre Berufung annehmen. Ich kenne weder Rajts noch Mihalik; aber nachdem, was ich von den zweyen vermuthe, so wünschte ich lieber mit einem Rajts als M. zu thun zu haben. Rächen Sie sich an Rajts, wie ein edler Mann. Ich meine nicht die Weise, welche der heilige Paulus, der eine Weile noch der Ihrige ist, anrathet: glühende Kohlen – für diese Art Rache ist Rajts zu schlecht; ich meine durch eine edle Verachtung und Beschæmung. Er soll von Ihnen sagen müssen, er habe Sie anders vorgestellt als er Sie findet. – Die Lehre von der Ohrfeige, ich glaube bey Matth., werden Sie, hoffe ich, auch bald zu der Lehre von den glühenden Kohlen legen, damit kommt der ehrliche Mann nicht weit: aber die Lehre, die ich Ihnen nicht rathend, sondern erwartend gebe, wird Ihr Leben von manchen Bitterkeiten befreyen. Ich befolgte sie so oft, daß es mich jetzt gar nichts mehr kostet, sie bey jedem wiederkehrenden Fall zu befolgen. Klugheit hat mich aber auch gelehrt, daß exercitium poenale et voluptuosum nur bey denen vorzunehmen, die noch Empfænglichkeit haben, ihren Werth zu schätzen. – Recht sehr danke ich Ihnen mir diese Neuigkeit sogleich berichtet zu haben. Keine Seele kann sich über diesem Vorfall mehr freuen als ich. Der kleine Louis meines Kis, der kleinere Aristipp meines Freundes Németh – o was gewinnen diese zwey durch Ihre dortige*
Ihre |dortige| [Betoldás a sor fölött.]
Anstellung!
Ich erhielt Ihren Brief bey meinem leidenden Schwiegervater und ich übergab ihn ihm. Mit sehr vieler inniger Rührung dankt er Ihnen für die Gefælligkeiten, von denen der Brief lautete. Es sind viele Jahre, daß er das, was er einst war, nicht mehr ist. Aber was ist er jetzt! Und doch eben diese Humanitæt, welche ihm einst so eigen war. Könnte ich Ihnen den Ton zuschicken, mit welchem er mir den Auftrag gab, über Ihre Doctorwürde Ihnen zu gratuliren. Das ist nicht der kalte Ton der angenommenen, nichts als artigen [!] Höflichkeit; es ist warme Regung des edlesten Herzens. Mir ist es ungemein süß, um*
süß, |um| [Betoldás a sor fölött.]
den einst so sehr verehrten, und jetzt noch immer heilig geliebten Mann sitzen zu können, und ihm die letzte Freundes und Kindes Dienste zu leisten. Ohne Sinn spricht er nie, er ist in den tiefsten sopor versenkt, aus welcher er nur um wieder bald einzuschlafen, erwacht; und spricht noch immer von Chemie. Da ich das Gespräch nicht führen kann, so mache ich ihm Fragen; und dieses ist für ihm schon Unterhaltung. Wohl dem, der nicht lange warten muß.
Ich danke Ihnen recht sehr für die Bestellung des Weinzierlschen Sallust. – Sie haben vergessen den Preis des Buches beyzusetzen. Leben Sie wohl theurester Freund! – Nur bald geantwortet den Oedenburgern! –