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Kazinczy Ferenc – Rumy Károly Györgynek
Széphalom, 1809. január 30.
Széphalom, d. 30. Jan. 1809.

Verehrungswürdigster, gütigster Freund!
Meine Preisschrift, die zwey exemplare von dem Werk des Herrn von B. und das Augusti Heft der Leipziger L. Zeitung habe ich heute in Kázmér gefunden, wohin sie Ihr würdiger Vetter hinausgeschickt hat. Ich bin Ihnen für Ihre unschätzbare Gütigkeiten unendlich verbunden. Mein Weibchen ging mit ihrem Vater in die heilige Messe, und ich las unterdessen Ihre Predigt, da ich zur Hörung der heiligen Messe nicht wie sie verbunden bin. Ich bin durch die Predigt auferbauet; sie ist ganz im Geiste des grossen Volkslehrer, voll der schönsten Moralitæt, unentstellt durch – (fast habe ich eine scapha schon wieder scapha genannt) – und auf die Geisteskräfte des Auditoriums zu Schmölnitz berechnet. (Wenn Ihre Predigten diesen gleichen, so nimmt es mich nicht Wunder, daß Sie auch von Katholiken häufig besucht werden, und Sie verdienen schon bloß diesetwegen die Hochachtung jedes bessern Menschen. Mir wird beym Anblick des Religionshasses, der sich im gemeinen Leben noch immer fort äussert, ganz übel. Daß wir Protestanten die gerechtesten Klagen führen, wer läugnet das? aber immer Klagen und immer Haß und nichts als Haß! – Vielleicht ist es aber doch noch zu früh, daß Ihre Predigten gedruckt werden sollen, denn Sie haben ja die Schafen des Herrn kaum angefangen zu weiden, und Sie wissen, was Ihre Freunde in Wien über Ihre Schriftstellerey Ihnen nachrühmen. – Vergeben Sie mir diese Bemerkung wenn sie unrichtig ist.) Ihr Stand ist mir sehr ehrwürdig: aber Sie wissen, daß ich Sie sehr ungerne in der luthrischen Kutte aufzutreten sah. Ein Geistlicher muß oft in der unrechten Stunde sich erinnern, daß er ein Geistlicher ist, und ich hätte so sehr gewünscht, daß Ihre Zeit ganz ungeistlichen Beschäftigungen frey hätte bleiben können. Doch wer kann wider die unwiderstehliche Kraft der vocatio interna? – –
Für die saure Mühe, die grammatischen Unrichtigkeiten meiner Preisschrift corrigirt zu haben, danke ich Ihnen innigst. An der Aufrichtigkeit Ihres Urtheils zweifle ich nicht; Sie sind mein Freund. Ich muß Ihnen aber sagen, daß ich auf eine sehr sonderbare Art überrascht wurde, als ich das Ms durchflog, und anstatt ausgestrichenen, umgearbeiten Paragraphen nichts als ein paar Worte an ganzen Seiten corrigirt fand. Da Sie glauben – was ich wirklich nicht geglaubt habe – daß die Schrift ins Publicum SO ausgehen kann, so möge sie SO ausgehen. Man wird an dem Titelblatte das: von dem V[er]f[asser] selbst übersetzt sehen, und das mag bey billigen Lesern zur Entschuldigung dienen. Rein deutsch werde ich nie mehr schreiben: aber aus Ihren Correcturen habe ich doch sehr viel gelernt. Auch begehe ich oft nicht aus Unwissenheit Fehler, sondern darum weil mir das rechte Wort nicht gleich einfällt.
Bs Schrift muß ihm nicht nur die Hochachtung, sondern auch die wärmeste Liebe jedes Guten erwerben. Er ist in eben dem Grade ein edler Mann, in welchem er execrabel lateinisch schreibt. Warum um des Himmels willen ließ der verehrungswürdige Mann sein Ms durch einen Freund nicht übersehen? Ich that dies mit meiner Preisschrift, und schlecht deutsch zu schreiben ist einem Ungar wohl erlaubt (Sylvester S. 34. in der vorletzten Zeile des Scholions, und Graf Ladisl. Teleki an Kaiser Franz den Lothringer), aber schlecht lateinisch ein Buch zu schreiben, und wenn es gleich über Ungarns politische und statistische Lage geschrieben ist, ist schlechterdings*
[...]terdings [Átírással javítva.]
nicht erlaubt. Der Abschreiber hat nicht einmahl die Regeln der Orthographie gekannt. Laetale, Dieta etc. etc. – Ich habe eben das 1. Capitel gelesen. Neu waren mir diese Ansichten nicht, und zum Glück oder Unglück las ich erst vorgestern den 4, 5 und 6. Heft der Europäischen Annalen für 1808. und da fand ich den*
d[..] [Átírással javítva.]
Text abgehandelt: aber für den allergrößten Theil des ungarischen Publ. sind so*
s[..] [Átírással javítva.]
ganz neu, rebuttant neu und haben also unendlichen Werth. Ich verehre den edlen Mann, der sein bonum otium nicht mit agrum colendo aut venando, servilibus officiis, conterit*
servilibus <...> |officiis| [Betoldás a sor fölött.]
(Sallust.), sondern andern die Fackel vorträgt. Ich werde ihm für sein sehr geschätztes Geschenk schriftlich danken. Sagen Sie ihm aber auch, daß mich seine Achtung, sein Geschenk sehr gefreut hat, und daß ich ihn herzlich liebe. Aude aliquid brevibus gyaris et carcere dignum! aber solche Schriften könnten ihm doch Ungelegenheit zuziehen, und da würde ich ihn herzlich bedauren. Viel muß man nicht wagen. Jeder Novator lauft Gefahr, das zu leiden was Socrates litt, und von dem den edlen Epaminondas nur sein französischer Geist rettete.
Ich bin Ihnen noch 25 f für die Leipz. Lit. Zeit. 1808. schuldig. Das eben verflossene Jahr war für mich eines der mißgerathensten. Hätte ich nicht ein kleines Gütchen über die Gebirge von Toronya, ich würde nicht Heu, nicht Getreid,*
Getreid, <nicht>
so viel als mein Haus nöthig hat, haben. Und nun vollends die Lese! die Reise nach Wien leerte mich auch sehr aus. Überdies steigen meine Ausgaben, die Yorick nicht zu nothiren rathet, weil sie anderswo gewiß notirt seyn sollen, über 600 f. La Rochefoucauld wird bis den 1. März fertig, und da muß ich noch 350 f zahlen. Vergeben Sie mir also, daß ich Ihnen eine Weile noch die 25 f nicht schicken werde. Aber da ich befürchten darf, daß die sequestrirten exempl. der B.schen Schrift vergriffen werden, so bitte ich sie um die Güte mir so viel exempl. auf die Seite zu setzen, daß ich Ihnen für diese und die Lit. Zeitung 30 f schicken soll.
Das Morgenblatt lese ich von der General Baronne Niclas Vay, gebornen Baronne Adelsheim. (Ihr Vater oder Onkel ist Minister bey dem Großherzog von Baden.) Da ich ein gränzenloses Vertrauen auf Ihre Gnaden habe, so schicke ich den Pack den ich hier habe, Ihnen gleich, und setze noch zwey Bænde der Münchner Aurora (diese gehören mir zu) bey. Die Aurora war die Vorgængerin des Morgenblatts. Sie werden in ihr vieles finden, was Sie freuen wird.
Ich wünschte doch zu wissen, wie Hofrath Drevenak Ihnen zugethan ist. Ich kenne ihn. Wer kennet ihn nicht! Nicht überspringen Sie diesen Artikel in Ihrer Antwort; er ist mir sehr wichtig. Sie können nicht genug ausführlich darüber mir seyn.
Das Magazin habe ich von Patak wieder*
Patak |wieder| [Betoldás a sor fölött.]
erhalten. Aber nicht ein Wort schreibt man mir darüber. Auch Schweigen ist Antwort. –
Meine herzliche Umarmung. Schreiben Sie mir ob Sie wirklich hoffen, Vater zu werden. – Schreiben sie mir auch, ob Herr v. B. Vater ist. Ich wünsche ihm viele Kinder. –